Fallout: New Vegas – Dead Money
Dead Money ist das erste DLC für Fallout: New Vegas, entwickelt von Obsidian Entertaiment. Das Ganze ist (vorerst) nur für die Xbox360 erhältlich und ist auf dem Xboxlive Marketplace für 800 Microsoft Points verfügbar. Es spielt, ähnlich wie die DLC zu Fallout 3, außerhalb des Hauptgebiets des Spiels- Es heißt also, für eine Weile „Goodbye“ zum Mojave Ödland und Hallo zum Sierra Madre zu sagen. Aber ist die Sierra Madre interessant genug um den Spieler zu fesseln?
„Mixed Signals“
Nach dem Download des ca. 200mb großen DLC geht es in gewohnter Manier in das Spiel und nach kurzer Wartezeit poppt auch gleich die Meldung auf, dass der Content geladen und das Level-Cap nun auf 35 angehoben wurde. Vom angehobenem Level-Cap kann man halten was man will, meiner Meinung nach ein unnötiger Schritt der nur wieder zu Jack Of All Trades-Charakteren (möglichst viele Charakterwerte auf 100 bringen) führt. Aber sei es drum – weiter geht ’s im Text. Nachdem das DLC erfolgreich geladen wurde empfängt der Spieler eine Radiofrequenz, in der eine nette Dame voller Inbrunst erklärt, dass das Sierra Madre Kasino bald seine große Eröffnung erleben wird und man feierlich zur Galaeröffnung eingeladen ist. Man muss dafür nur zu einem verlassenen Bunker der Brotherhood of Steel mitten in der Einöde des Mojave Ödlands reisen! Ein Schelm, wer Böses dabei denkt- Aber naiv und neugierig, wie der Spieler eben ist, reisen wir da hin. Es folgt eine gut vertonte und bebilderte (heh) Slideshow, so wie wir sie schon vom Intro/Outro des Hauptspiels kennen.
I could make you care
Dass das Ganze eine offensichtliche Finte war merkt selbst der Intelligenz > 1 Charakter spätestens, wenn man inmitten der kupferroten Hölle der Sierra Madre aufwacht, aller seiner Items beraubt wurde und stattdessen ein nettes Band um den Hals trägt. Was das Ganze soll, wird einem daraufhin auch gleich von dem Charakter erklärt, der für die Deportation verantwortlich ist. Wer das Hauptspiel aufmerksam durchgespielt hat, wird auch gleich erkennen, um wen es sich handelt. Es stellt sich heraus, dass der Spieler ein Gefangener ist (und auch nicht der Einzige, sowohl auch nicht der Erste) und nicht aus dem Sierra Madre fliehen kann, bevor er dem Entführer seine Dienste geleistet hat. Der Halskragen ist dabei nicht nur Zierde, er explodiert, falls der Kurier sich entscheidet nicht zu gehorchen, seine Mitgefangenen (dazu gleich mehr) anzugreifen, etc. Nicht nett. Was hier nur wie ein billiger Abklatsch der Filmserie „SAW“ klingt, ist im Spiel wirklich sehr gut erklärt und auch ausgeführt, meiner Meinung nach. Zu keiner Minute hat sich irgendwas für mich ridikül oder unpassend angefühlt, ganz im Gegensatz zum Trailer zu dem DLC, der mich sehr skeptisch werden ließ.
Stichwort „Erklären“ – das ist eine der größten Stärken dieses DLC. Alleine der erste Dialog mit besagtem Entführer hat für mich ca. 20 Minuten gedauert und es ist nicht der Einzige. Der Spieler wird mit sehr vielen Dialogen beschäftigt sein, die neben interessanten Hintergrundinfos zu den Charakteren, der Sierra Madre und seinen „Bewohnern“ auch wirklich sehr viele Skill-Checks und kleine Anspielungen auf zukünftige und vergangene Ereignisse im Fallout Universum beinhaltet. Als Fan von langen und ausführlichen Beschreibungen in den alten Fallout Teilen, habe ich hier Freudensprünge vollführt, weil es sich wirklich genial anfühlt, alles sehr detailliert beschrieben zu haben, selbst Text-PopUps für kleinere Gegenstände haben eigene ausführliche Beschreibungen. Das Ganze hat mich sehr an Planescape: Torment erinnert – kein Wunder, da Chris Avellone sowohl hier als auch bei besagtem Planescape der kreative Kopf dahinter war.
Strike Up the Band
Wie schon gesagt, ist der Kurier nicht der Einzige (oder Erste) Gefangene der Sierra Madre. Nach dem anfänglichen Dialog erklärt der Mastermind hinter der Entfährung, dass noch andere unglückliche Seelen dem Kurier helfen sollen, in das Sierra Madre Kasino einzubrechen, um zu finden, was darin versteckt ist. Dabei müssen die Charaktere zusammenarbeiten, ansonsten endet man genauso wie die Leute, die sich vorher schon in der selben misslichen Lage befanden, dabei verrückt wurden/starben und ihre sterblichen Überreste+Hinterlassenschaften dem Sierra Madre überließen.
Jeder Begleiter hat später auch mehrere eigene kleine Aufgaben zu erfüllen, die jeweils unterschiedliche Ergebnisse nach sich ziehen können.
„Put the beast down.“
Der erste Begleiter den der Spieler treffen wird, ist Dog/God, ein offensichtlich schizophrener Nightkin. Bis auf den Namen (Dog/God), den ich ziemlich ausgelutscht finde, ist seine Krankheit und das damit verbundene Dilemma genial integriert. Beide Persönlichkeiten haben eigene lange Dialogbäume, die es zu erforschen gilt, sowie eigene Perks, die dem Spieler helfen. Wenn eine Persönlichkeit gerade dominant ist, befindet sich die andere „Im Käfig“ – es ist am Spieler zu entscheiden, welcher Persönlichkeit er letztendlich helfen will, da beide ihre eigenen Ziele haben.
„Like I give a shit.“
Der Zweite im Bunde ist der Ghul Dean Domino, jemand den man wahrscheinlich auch im Hauptspiel schon das ein oder andere mal auf Werbeplakaten gesehen hat. Seinen Charakter fand ich ein bisschen schwach, allerdings hat auch er eine Menge zu sagen und ist auf seine Art und Weise in die Geschehnisse um den Bau (und was letztendlich daraus geworden ist) des Kasinos verwickelt.
„….“
Christine ist die Letzte der Begleiter, die der Kurier rekrutieren kann und zugleich die am wenigsten „zugänglichste.“ Hier haben die Schreiber ganze Arbeit geleistet, da Christine stumm ist (warum erfährt man später) und sich nur über Gebärden, Handzeichen und Kopfnicken ausdrücken kann. Dennoch ist der „Dialog“baum vollgestopft, den der Spieler (vorausgesetzt er hat einen hohen Intelligenz- oder Wahrnehmungswert) erkunden kann. Ich fand ihren Charakter genial ausgeschrieben, auch da es später die ein oder Andere Überraschung gibt. Einziger Wermutstropfen ist, dass während des Dialogs die Textblöcke ziemlich schnell „wegploppen,“ so dass man sich mit dem Lesen beeilen muss.
Last Luxuries
Die Begleiter sind auch bitter nötig, da das Sierra Madre wirklich kein schöner Ort ist. Der ganze Komplex ist von einer kupferfarbenen Wolke aus Gas umgeben, die dem Spieler und seiner Ausrüstung konstant schaden zufügt. Hält man sich zulange darin auf, geht das Inventar kaputt (und die HP des Spielers ebenso). Des weiteren sind die Gefangenen nicht alleine: Das „Geistervolk“ – ehemalige Arbeiter, die das Kasino errichteten und während der Bombe in ihren Schutzanzügen feststeckten, patrouillieren das Gelände und legen überall Fallen aus, die nicht immer offensichtlich versteckt sind. Die Gesellen lassen sich auch nicht einfach so töten– man muss sie desintegrieren, Körperteile abtrennen oder Ähnliches, erst dann sterben sie wirklich. Da der Kurier anfangs nur spärlich bewaffnet ist, kann sich so eine Begegnung mit dem Geistervolk schnell als tödlich herausstellen. Auch das Gelände selbst kann zur Falle werden: Überall sind alte Lautsprecheranlagen verteilt, die bestimmte Radiofrequenzen aussenden, die die Halsbänder der Gefangenen zum explodieren bringen. Manche kann man deaktivieren/kaputt schießen, manche müssen umgangen werden. Diese sind durch ein lautes und immer schneller werdendes Piepen ausfindig zu machen (ein Geräusch, was den Spieler mit der Zeit panisch wie ein Huhn nach der Quelle suchen lässt) – was nicht immer gelingt. Oftmals hilft wirklich nur ein Save/Load, da die Dinger nicht immer an logischen Stellen platziert sind. Seinem Charakter zum 20ten Mal zuzusehen, wie sein Kopf in Slow-Motion explodiert, ist nicht unbedingt jedermanns Sache und ich fand es irgendwann auch ein wenig frustrierend, vor allem gegen Ende hin. Ich selbt hatte nur 1-2 mal Stellen, bei denen ich einfach blind in einen Raum laufen musste, um die Quelle des Signals zu finden. Das Meiste ist fair gestaltet – zwar herausfordernd, aber nicht unfair. Etwas später trifft der Spieler auf Hologramme, die dem Kasino als Wache und kleine Helferlein dienen. Im Trailer als seltsam ridiküle Dinge gezeigt, die auf einen schießen, wird im Spiel sehr gut erklärt, was sie sind und warum sie überhaupt da sind. Es gilt sie mittels cleverem Hacken von Computerterminals zu umgehen. „Töten“ kann man sie nicht.
Neben all den harschen Gängeleien gibt es zum Glück neben den Begleitern auch noch kleine Helferlein: Zum Beispiel liegen überall alte Sierra Madre Chips herum, die der Spieler in Automaten gegen Hilfsmittel eintauschen kann. Anfangs nur so etwas wie Zuckerbomben o. Ä. findet man später auch Codes um Stimpaks, Drogen oder sogar Waffen Modifikationen „kaufen“ zu können. Auch haben die vorherigen Gefangenen, die nicht soviel Glück hatten, überall kleine Verstecke hinterlassen, in denen Munition und dergleichen liegt. Selbige Gefangene haben auch überall Graffiti mit Hinweisen an die Wände gesprüht, die allerdings auch manchmal Fallen sein könnten. Neue Waffen, die ich im DLC gefunden habe, waren u. A. eine Polizeipistole, ein an die BAR erinnerndes Automatisches Gewehr das .308er Kugeln verschießt oder auch eine Art Hologramgewehr. Die Waffen des Geistervolks sind auch sehr nützlich und Bärfenfallen als Nahkampfwaffen einzusetzen, hat schon irgendwo seinen Reiz. Des weiteren kann man normale und verstärkte Rüstungen der Kasino-Security finden.
Heist of the Centuries
Ein weiterer Pluspunkt ist die Atmosphäre für mich. Man fühlt wirklich, wie verzweifelt die vorherigen Gefangenen der Sierra Madre waren, die vielen Hinterlassenschaften, Notizen, Graffiti usw. verdeutlichen auch, was vor dem Krieg beim Bau des Kasinos geschehen ist. Es fühlt sich schon genial an, wenn man vor einer Horde dieses Geistervolkes flüchten muss, die einen wie Vieh jagen. Die Gegner haben auch neue Animationen verpasst bekommen, die meiner Meinung nach, ob ihres ruckartigen Herumgespringe, wirklich gruselig sind. Die Grafik, Texturierung, usw. ist stimmig und nicht monoton, allerdings hat das labyrinthartige Mapdesign auch seine Tücken. Ich habe oft wie ein sterbendes Tier in einer Ecke gesessen, weil ich mich verlaufen hatte und keine Möglichkeit zur Heilung in der Nähe war. Man sollte einen guten Orientierungssinn besitzen und auf die Hinweise an den Wänden achten. Die Audiokulisse ist sehr minmalistisch gehalten, man hört mehr Soundeffekte als Musik, was der Atmosphäre sehr gut tut. Wie ich schon vorher geschrieben hatte – das was mir der Trailer übermittelt hat – ich befürchtete, dass keine „falloutige“ Atmosphäre vorhanden ist, hat sich (zum Glück) nicht bewahrheitet.
Als ich zum Schluss die Outro-Slideshow gesehen habe (die ähnlich wie das Outro des Hauptspiels verschiedene Ergebnisse zeigen kann), vergingen vorher ungefähr 10-12 Stunden, was für mich sehr gut für ein DLC ist. Ich muss dazu aber auch sagen, dass ich das Spiel auf den Schwierigkeitsgrad Sehr Schwer/Hardcore gestellt hatte und nicht das empfohlene Level für das DLC besaß (ich begann mit Level 16 und „kam raus“ mit Level 19-20) und mir wirklich Zeit beim Erkunden und Reden genommen habe. Wenn man nur durch rennt, wird das Spielerlebnis sicher um 4-5 Stunden gekürzt.
Das Spiel nimmt den Spieler nicht an die Hand: Wenn man selbst ein wenig nachdenkt und nachforscht, wird man kaum Probleme haben und wer auf diese gewisse Atmosphäre steht, die ein Durchstreifen alter Vorkriegsruinen und Durchsuchen ihrer Schätze/Geschichten gemischt mit einer Art „Survival“-Aspekt, der wird hier voll auf seine Kosten kommen.
Als Bonus sind vor allem die ausführlichen Texte/Dialoge hervorzuheben, ebenso die vielen Anspielungen auf bereits bekannte Orte, Charaktere und Geschichten. Des weiteren werden auch viele Anspielungen darauf gemacht, was in den zukünftigen DLC passiert – etwas, worauf ich sehr gespannt bin. Bugs hab ich keine gefunden – vielleicht hatte ich einfach nur Glück, aber mir ist kein einziger Bug aufgefallen.
Fazit:
Pros:
– Dialoge/Charakterdesigns
– Sehr ausführliche Beschreibungen
– Atmosphäre
– Gameplay
– Anspielungen auf zukünftige/vergangene Geschehnisse im Fallout-Universum
Contras:
– Teils verwirrendes Mapdesign
– Stellenweise etwas unfair platzierte Radiosender (Load&Repeat)
Autor: Treesnogger alias Surf_Solar