Wolfe, ihr Nachname, ist das Einzige, das Darcy von ihrer leiblichen Familie bleibt, die ursprünglich aus der NKR stammte. Sie weiß nicht so genau, wer ihr Vater war, nur, dass er Dylan Wolfe hieß, und wohl in eine andere Stadt musste oder wollte, vielleicht auch, um seine Angetraute, Marlen, loszuwerden, es kommt immer ganz darauf an, wie man den Abschiedsbrief, den diese bei sich hatte, interpretiert... Die schwangere Marlen, die ihm mit einer Karawane folgen wollte, gebar während der Reise unerwartet und zu früh ihr Kind, und starb dabei unglücklicherweise. (Darcy selbst sagt, es sei eine bescheuerte Idee von ihrer Mutter gewesen, hochschwanger in der Öde herumzuziehen… auf sowas kämen nur Städter.)
Die Karawanisten wussten natürlich nicht wirklich, was sie mit dem neugeborenen Baby, das überlebt hatte, anfangen sollten… Der Treck machte bei einer Art winzigem Rast-und Handelsposten, der im Grenzgebiet in der Nähe einer Ruinenstadt in einer alten Tankstelle mit Garage errichtet worden war, irgendwo mitten im Nichts halt, notgedrungen, und die Bewohner des Ortes erklärten sich bereit, das Kind aufzunehmen.
Der Vater kam nie, um seinen Abkömmling zu sehen, vielleicht wurde ihm nichts davon gesagt, vielleicht wurde ihm erzählt, sein Kind sei auch gestorben... Vielleicht haben die Karawanisten auch die Wahrheit gesagt, und es war ihm schlicht und einfach egal – schließlich gehört schon was dazu, eine schwangere Frau zurückzulassen, sodass sie selbst herumreisen muss, um ihren Mann wiederzufinden. Diese Umstände sind nicht wirklich geklärt. Das einzige Indiz ist wie gesagt ein Abschiedsbrief, aus dem man nicht so richtig schlau wird, auch wenn die Tochter in ihrem Pessimismus glaubt, dass Dylan nicht wollte, dass Marlen ihm folgt, sondern sie verlassen hat.
So wurde Darcy also in diesem ziemlich gottverlassenen Ort am Rande der NKR aufgezogen, von nicht besonders schrecklichen, aber auch nicht besonders guten Zieheltern, einem etwas älteren Paar, meistens ließen sie das Mädchen einfach machen, was es wollte, und gingen ihren eigenen Tätigkeiten nach.
Es gab keine Schläge, oder besonders viele Strafen, allerdings gab es überhaupt nicht viel, vor allem sehr wenig Interesse, eigentlich ist es ein halbes Wunder, dass Darcy nicht total verwahrloste. Auch wenn dieser Gleichmut ihr gegenüber deutliche Spuren hinterlassen hat, insofern, dass sie sich lieber um sich selbst kümmert, und der Meinung ist, ihre Angelegenheiten gingen nur sie was an.
Sowieso war für ein junges Kind sehr wenig Beschäftigung vorhanden, immerhin gab es keinerlei Gleichaltrige in der Umgebung, die leiblichen Kinder der Zieheltern waren mehr oder weniger weit weg und sowieso viel älter, die Tochter war Karawanenwache, und der Sohn scheiterte gerade an der Rangerausbildung, die einzigen anderen Leute waren vorbeiziehende Karawanisten. Meistens war ihr Spielzeug Schrott… Was aber durchaus nicht uninteressant war. Trotzdem hatte sie ziemlich oft Langeweile, und streunte in der Gegend herum, erkundete die alte Garage und so fort.
Lesen, Schreiben und Rechnen lernte sie eher spät von ihrer Ziehmutter, die ein paar Bücher besaß, und dann hauptsächlich deshalb, damit die Leute von den Karawanen sie nicht bescheißen konnten, und sie, da ihre Ziehmutter etwas kurzsichtig wurde, die Einnahmen- und Ausgabenlisten machen konnte. Da beim Schreiben lernen aber eher schleißig vorgegangen wurde, nennt Darcy nun eine ziemliche Sauklaue ihr Eigen, auch wenn das Lesen deutlich besser von der Hand geht. Rechnen hingegen kann sie recht gut, denn dies wurde auch am meisten geschult, auch wenn sie nie über die Basis hinauskam.
Als sie älter wurde, wuchs das Interesse an ihr, denn sie konnte nun für verschiedene Tätigkeiten eingesetzt werden. Reparaturen, das Beschaffen von Zeug aus der nahegelegenen Ruinenstadt, die Jagd und Verteidigung, und dergleichen. Wenigstens musste sie keine Brahminscheiße schaufeln… Mechanik lernte sie von ihrem Ziehvater, sie übertraf ihn allerdings bald, denn er konnte, im Gegensatz zu seiner Frau, nicht richtig lesen, so blieb ihm das Wissen aus alten Büchern verwehrt. Schießen konnte er hingegen allerdings richtig gut, und darin konnte Darcy ihm nie vollends das Wasser reichen. Aber immer öfter verschwand sie über längere Zeit, sozusagen testweise. Diese Tests verliefen meist ziemlich gut… wenn auch nicht ungefährlich.
Mit der Zeit wurde sie ziemlich gut in einfacheren Mechaniker-Tätigkeiten und im Schrottsammeln, was ihr immer schon eine Art Leidenschaft war. Ihre Zieheltern konnten sich allerdings nicht lange daran erfreuen, dass die junge Frau fähig war, ihnen alles Mögliche abzunehmen, denn irgendwann kam Darcy der Gedanke, dass sie sich eines Tages noch zu Tode langweilen würde in diesem kleinen Posten, und sie ging endgültig weg, und wurde eine selbstständige Scavengerin.
Seitdem ist sie weit herumgekommen, alleine oder in Gruppen mit anderen, und sie kommt in den Ruinen, und auch in der Natur dazwischen, wohl ziemlich gut zurecht, immerhin lebt sie noch, was nicht alle von sich behaupten können. Unter Anderem hat sie das auch ihren Fähigkeiten zur medizinischen Selbstversorgung zu verdanken, die sie von einem Wanderarzt gelernt hat, indem sie sich eine Zeit lang sozusagen als Assistentin bei ihm verdingt hat. Das macht sie zwar nicht zu einer richtigen Ärztin, aber erlaubt es ihr, mit Improvisation und Basiskenntnissen Wunden zumindest so lange zu versorgen und ein Vorankommen möglich zu machen, bis ein vollständig ausgebildeter Ödland-Doc sich der Sache annehmen kann.
Ihren Zieheltern trauert sie nicht nach, hatte sie doch nie eine besonders tiefgehende Beziehung zu ihnen, und sie ist überzeugt davon, dass sie so besser zurecht kommt, auch wenn manches Mal schon eine Begegnung mit mutierten Tieren und dergleichen eher knapp ausging. Allerdings stellt sie sich durchaus manchmal die Frage, ob solch ein eigenbrötlerisches Leben auf Dauer das Richtige ist – auch wenn sie es nicht wirklich anders kennt.
Momentan ist es, ihrer Meinung nach, mal wieder Zeit für Urlaub… was auch immer sie sich darunter vorstellt. Vermutlich, kurzzeitig in einer Siedlung zu verweilen und sich ordentlich zu betrinken… Aber wer weiß, was sich da ergibt.