Sheela lässt einen verdutzten Wachmann zurück. Als sie den Raum verlässt, greift dieser nach dem Walkie Talkie. "Joe? Hey Joe, Thomas hier. Komm mal mit Ted hoch, hier gibt's nen... Verletzten, der behandelt werden soll. Wir müssen ihn und seine Familie zu nem Doc karren, er ist... bewusstlos. 2. Stock, Raum 5. Kleiner... Unfall.
*Nur ein wenig aufgeregt?! Die hat Nerven. Aber wenn sie nicht gegen den Stinkbeutel aussagt, steh ich wie der letzte Idiot da, weil ich ihn umgenietet hab'. Besser wir verfrachten ihn in ein Bett, bevor die Dinge noch mehr aus dem Ruder laufen. Gnah, ich muss trotzdem zu Reed. Der bekommt so oder so Wind von der Sache. Verdammt! Hätte die blöde Kuh mich jetzt nur nicht so doof hier stehen lassen, wäre das alles kein Problem.* Etwas angesäuert blickt der Wachmann auf die wimmernde Frau und ihre beiden Kinder hinab.
Bis Sheela kurz raus kann, muss sie eine etwas umständliche Durchsuchungs-Prozedur über sich ergehen lassen und die Sicherheitsschleuse für Krankenhauspersonal passieren. Die Berichte und Einnahmen werden an die Verwaltung übermittelt und dort auf Korrektheit geprüft, was einige Tage dauern kann. Da man keine Schmuggelware bei ihr findet, darf die rothaarige Ärztin das Hospital verlassen. Ob das eine gute Idee war, bleibt allerdings abzuwarten, denn sie entfernt sich damit unerlaubt von ihrem Arbeitsplatz und gefährdet ihren Job.
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"Arbeit auf Probe?! Ach du liebe Zeit, die Variante ist mir allerdings neu. Sie scheinen es ja wirklich ernst zu meinen, Mister Knight." Ed Fuller zupft an seiner Brille. "Ich habe leider keine Ahnung, ob von meiner Kundschaft jemand nach Arbeitskräften sucht. Ich verkaufe nur meine Waren und betreibe Handel, informiere mich jedoch nicht nach der allgemeinen Situation auf dem Arbeitsmarkt. Trotzdem dürfte es hier in der Stadt ein Leichtes sein, Arbeit zu finden - wenn sie nicht zu wählerisch sind, natürlich. Positionen als Wache sind schwer zu bekommen, der Markt ist einfach gesättigt. Die Ranger lassen niemanden außerhalb ihrer Reihen offizielle Wachdienste übernehmen und Privatleute können aus einer Flut an Söldnern wählen, die Tag für Tag in die Stadt kommen und hier leben wollen. Was allerdings händeringend gesucht wird, sind Bauarbeiter, Ingenieure, Leute, die sich mit Reparaturen und Instandhaltungen auskennen. Fort Worth steht schon eine lange Zeit, aber es ist immer noch eine Ruine und der Wiederaufbau wird viele Jahrzehnte andauern. Überall wird gebaut... aber, nun ja... das scheint nicht ihre Passion zu sein, nicht wahr?!"
Ed runzelt die Stirn und betrachtet Jordan auf's Neue. "Na schön. Francis zuliebe - auch wenn ich es besser wissen müsste - werde ich mich mal etwas umhören. Vielleicht findet sich ja ein passender Job für sie. Meine Wachleute kennen eventuell jemanden, der neues Personal sucht, die bekommen viel mit. Möglicherweise benötigt auch einer meiner Händlerkollegen noch Wachen oder es zieht bald ein Caravan aus der Stadt, bei dem man sie unterbringen könnte.
Allerdings werde ich sie nicht einfach so meinen Partnern und Kollegen empfehlen, wenn ich nicht von ihrer Tauglichkeit überzeugt bin. Ich habe einen Ruf zu verlieren, Mister Knight. Das ist nichts Persönliches, ich hoffe sie verstehen das. Und hier wären wir bei einem Problem: Ich werde sie nicht anstellen, da ich genug Wachen habe, aber ich werde sie auch nicht vermitteln, wenn ich mich ihrer nicht sicher bin. Ich unterbreite ihnen folgendes Angebot: Sie arbeiten für mich - auf Probe, wie sie es so schön ausgedrückt haben. Ich habe oben noch das ein oder andere Zimmer frei, dort kann ich sie unterbringen. Dazu freie Kost und Logis, jedoch keine Deckel. Ich müsste mal wieder eine Inventur durchführen und könnte dabei in der Tat eine helfende Hand gebrauchen. Vielleicht nicht ganz das, was sie 'aufregend' nennen würden, aber ich denke es ist wäre eine gute Gelegenheit, ihren Ehrgeiz und ihr Wort auf die Probe zu stellen. Nun, was sagen sie?"
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"Umm, Graham? Der ist cool... Er ist schon ein alter Knacker, aber für seine Falten ist er noch ganz fix auf den Beinen. Schießen kann er auch ganz gut und scheiße, er ist ein wandelndes Lexikon, wenn's um den Großen Krieg und altes Zeug geht. Er ist früher oft mit den verschiedensten Caravans umhergetuckert und hat schon so einiges gesehen und gemacht. Ist ihm aber nicht genug, denn er will immer weiter raus und immer tiefer buddeln, um kostbares Zeug zu finden.
Manchmal treibt es uns an echt unheimliche Orte, aber eigentlich kann ich mir ein anderes Leben gar nicht mehr vorstellen. Action, Abenteuer... du weißt schon. Und hey, wir bekommen Equipment in die Finger, von denen andere nur träumen können! Hatte mal nen voll funktionstüchtigen Stealth Boy! Das Ding macht dich zu nem Geist, ohne Witz! Also... nicht durch Wände gehen und so, aber man wird fast unsichtbar! Naja... hat 2 Minuten gehalten, dann waren die Batterien leer. Wollte ihn dann mit ner selbsgebastelten Stromquelle wieder aufladen, aber das hat ihn voll geschrottet. Mann, hab ich mir in den Arsch gebissen! Paar Einzelteile hab ich noch, aber das Ding taugt nur noch als Altmetall. Vielleicht bekomm ich mal nen Bauplan oder Blaupausen in die Finger - irgendwie sowas. Dann krieg' ich ihn vielleicht wieder hin, wer weiß."
Ralf hört einige Teile des Gesprächs mit und verzieht den Mund, als die beiden sich über Kurgan unterhalten. Vor vielen Jahren, als der Arena Champion noch nicht eine so große Nummer war und Ralf noch alleine durch die Ödlande zog und sich sein täglich Brot durch Ringkämpfe verdiente, hatte er das zweifelhafte Vergnügen, ihm im Ring gegenüberzustehen. Ralf war gut, einer der Besten in Crow's Nest und auch noch ziemlich erfolgreich außerhalb dieses Molochs. Niederlagen gab es natürlich immer mal, auch wenn die Siege meist überwogen, doch niemals zuvor und nie mehr danach musste er eine derartige Abreibung kassieren. Kurgan hatte ihn deklassiert, den linken Arm an drei Stellen gebrochen und fast zu Tode aus dem Ring geprügelt. Zu allem Unglück geschah dieses Kräftemessen nicht in Fort Worth und die Regeln des Kampfes konnte man allenfalls als rudimentär bezeichnen. Keinen hätte es gekümmert, wenn nur einer den Ring lebend verlassen hätte.
Für Ralf war klar, dass dieses Untier Psycho und Buffout in Massen konsumierte. Vielleicht auch noch ein paar andere abstumpfende Drogen. Der ganze aufgepumpte Körper, die blutunterlaufenden Augen, diese unbeschreibliche Schmerzunempfindlichkeit und die nicht mehr nachvollziehbare Reaktionszeit konnten einfach nicht mehr natürlich sein. Natürlich waren viele Kämpfer keine unbeschriebenen Blätter und Ralf selbst hatte den ein oder anderen Kampf unter dem Einfluss von Drogen für sich entschieden, doch Kurgan setze alles irgendwie noch eine Stufe höher. Das er nicht schon längst an einer Überdosis eingegangen war, schien Ralf ebenso unglaublich wie seine eigentliche Performance im Ring.
Noch während er darüber nachdenkt und sich Claire mit Greg unterhält, erreicht das Trio schließlich den großen Marktplatz. Einige Meter entfernt sehen sie das große Schild mit der roten Aufschrift: Fuller's Trades.