MADDRAX wird 400! Als Leser der ersten Stunde freut mich das besonders und auch wenn ich zu meiner Schande gestehen muss, in einigen der folgenden Jahre wenig dazu beigetragen zu haben, bin ich nicht von dem anhaltenden Erfolg der Heftromanserie überrascht, die seit Februar 2000 erscheint und im Jahre 2002 sogar mit dem Deutschen Phantastik-Preis ausgezeichnet wurde.
Der erste Band „Der Gott aus dem Eis“ von Jo Zybell, sorgte damals für eine ideale Ausgangssituation für unzählige Abenteuer in einer fremden, gefährlichen Zukunft.
Im Jahr 2012 schlägt ein „Christopher-Floyd“ getaufter Komet in Höhe des Baikalsees in Asien ein und verformt die Erdkruste, verschiebt die Pole, dezimiert die Zahl der Menschen auf wenige Hunderttausende und taucht die Erde durch den aufgewirbelten Staub in eine neue Eiszeit. Der US-Airforce-Pilot Matthew Drax wird zu einer Fliegerstaffel abgestellt und auf seiner Beobachtungsmission aufgrund zunächst ungeklärter Ursachen um etwa 500 Jahre in die Zukunft katapultiert und dort von der telepathisch begabten Barbarin Aruula und ihrem bronzezeitlich anmutenden Stamm aus seinem abgestürzten Jet geborgen.
Wie sich später herausstellt, handelt es sich bei „Christopher-Floyd“ nicht um einen gewöhnlichen Gesteinsbrocken, sondern um einen „Wandler“, eine Raumarche der Daa'muren, die ihre Geister in Kristallen gespeichert haben, um ihrer, von einem Schwarzen Loch bedrohten, Heimatwelt zu entkommen. Über die Jahrhunderte verursacht die von den Kristallen ausgehende Strahlung eine anhaltende Synapsenblockade, Degenerationen und Mutationen, was die menschliche Zivilisation um Jahrhunderte zurückwirft und auch die irdische Flora und Fauna betrifft.
Matthew Drax, von Aruula „Maddrax“ getauft, macht sich gemeinsam mit der Barbarin auf den Weg, um herauszufinden wo und vor allem wann er gelandet ist und trifft in den folgenden Abenteuern auf andere Barbarenstämme, riesige Heuschrecken, Bunkerbewohner, die die Katastrophe überlebt, aber mit einer Immunschwäche zu kämpfen haben und auf verschiedenste Siedlungen, in denen die Menschen versuchen, eine Art von Zivilisation wiederherzustellen, was in mal mehr, mal weniger befremdlichen Gesellschaftskonzepten resultiert.
Der Science-Fiction-Anteil kommt aber auch nicht zu kurz. Es gibt Ausflüge auf den Mond und den Mars, hinunter in die Tiefen des Kratersees und sogar durch die Zeit und in Parallelwelten.
Unter den deutschen Heftromanserien ist MADDRAX wohl die mit Abstand vielseitigste. Der wilde Genremix aus Abenteuer, Endzeit, Horror, Fantasy und Science-Fiction überzeugt nicht nur mit seinem Abwechslungsreichtum, sondern auch mit der anhaltenden Qualität der Geschichten. Diese werden von einem talentierten Team aus Stamm- und Gastautoren geschrieben, nachdem gemeinsam mit Michael "Mad-Mike" Schönenbröcher ein
Exposé erstellt wurde. Mike ist auch für die Koordination und grobe Richtung des Handlungsverlaufs verantwortlich. Und nicht nur dafür. Schließlich hat er selbst die Serie einst konzipiert und steht dem Publikum auf den Leserbriefseiten Frage und Antwort.
Außerdem hat er sich dazu bereit erklärt, exklusiv für FalloutNow! einige Fragen zu beantworten.
FONOW: Hallo Mike! Erstmal: Danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Mit Band 400 wird es nach langer Zeit eine Preiserhöhung um 10 Cent auf insgesamt 1,80 € geben. Manche Leser mögen sich darüber ärgern, andere Fragen sich sicher, ob sich der Preis für den Verlag und die Autoren überhaupt rechnet. Wie hoch ist die Auflage pro Ausgabe und kann man als Stammautor (und Redakteur) für MADDRAX Miete und Brötchen bezahlen? Wie hat sich die Auflagenstärke seit Anno 2000 entwickelt? Wird sie, wie bei vielen anderen Printmedien zu beobachten ist, immer geringer, oder gibt es Aufs und Abs?MIKE: Hallo Tyler! Freut mich, dass MADDRAX (MX) auch euer Interesse bei FalloutNow! erregt – aber da hört sich ja schon der Name nach Gemeinsamkeiten an. Postapokalypse forever!
Zum Preis: Wir erhöhen erstmals seit drei Jahren um wirklich moderate 10 Cent; wenn ich mich da im Vergleich an der Tankstelle umschaue, ist das nicht viel. Dabei kalkulieren wir wirklich knapp und müssen zudem mit seit Jahren schwindenden Leserzahlen – nicht nur bei MX, sondern im Romanheftbereich allgemein – fertigwerden. Trotzdem: Der Heftroman lebt noch, und meine Brötchen kann ich mir auch leisten. Über Auflagenzahlen oder Verkauf kann ich nichts sagen; das sind Interna. Ich hoffe aber, mit Band 400 und dem neuen Zyklus einige Neuleser hinzuzugewinnen. Denn noch nie war das Einsteigen in MX so einfach.
FONOW: Woher hattest du die Idee für das düstere Zukunftsszenario, in das der Airforce-Pilot Matthew Drax geworfen wird? Gab es Einflüsse aus anderen Medien, wie Computerspielen, Filmen und Serien? War das an Richard Dean Anderson angelehnte Aussehen Matthew Drax' von Anfang an festgelegt, oder hat sich das erst später ergeben?MIKE: Inspiriert wurde ich fraglos von der Comicserie ANDRAX des spanischen Zeichners Jordi Bernet, die damals, als ich ein Teenie war, im Kauka-Verlag erschien. Ich war von der Mischung – moderner Mann wird in eine barbarische Zukunft versetzt – fasziniert und nahm den Plot 25 Jahre später als Grundlage für MX, natürlich aber mit anderer Handlung. Als es darum ging, den Helden auf die Cover zu bringen, suchte ich nach einem Gesicht, an dem sich der spanische Maler Koveck orientieren konnte. Und stieß auf Colonel O'Neill aus "Stargate". Nur etwas jünger sollte er sein, und auch nicht 1:1 so aussehen. Lange Zeit sah Matthew Drax tatsächlich R. D. Anderson nur entfernt ähnlich, mit der Zeit näherte er sich aber immer mehr an. Vor allem unseren neuen Hauptmaler, den Argentinier Néstor Taylor, muss ich da immer wieder etwas bremsen.
FONOW: Als regelmäßiger Leser habe ich, auch durch die spärlich eingehenden Leserbriefe, den Eindruck, dass die Serie nur wenig Feedback bekommt. Liegt es daran, dass die Zahl der Stammleser so gering ist, oder lagern sich die Diskussionen und Fragen zunehmend in das Bastei-Forum und auf die Facebook-Seite aus, wo ein wesentlich schnellerer Austausch zwischen Redaktion, Autoren und Lesern möglich ist?MIKE: MX gehört eigentlich zu den wenigen Serien, die alle 14 Tage pralle vier Seiten Leserpost präsentieren können. Da gibt's auch mal Engpässe, aber über Resonanz kann ich mich trotzdem nicht beklagen. Zu unseren auflagenstärksten Reihen, den Unger-Western, kommt z.B. gar keine Leserpost, und auch bei der kompletten Palette der Frauenromane kann man den monatlichen Briefeingang an einer Hand abzählen. Das war bei den Männerromanen in den 70er- und 80er-Jahren noch anders, aber allgemein schreiben die Leser heutzutage wohl weniger und engagieren sich auch nicht mehr im Fandom. Dafür eben auf Facebook, wo wir natürlich auch vertreten sind.
FONOW: Die Rahmenhandlung des neuen Zyklus ab Band 400 wird sich über 100 Bände erstrecken. Das entspricht bei der zweiwöchentlichen Erscheinungsweise fast vier Jahrgängen. Dazu gehört eine große Portion Mut. Läuft die Serie so gut, dass du dich auf die Stammleser verlassen kannst, oder wird es innerhalb des langen Zyklus Meilensteine geben, an denen sich auch Neuleser einen Einstieg zutrauen?MIKE: Der 100er-Zyklus (wir nennen ihn "Fremdwelt-Zyklus") wird unterteilt in mehrere Unterzyklen (der erste heißt "Terminus"), in deren Verlauf es sogar mal zurück zur Erde geht. Da ist also genug Abwechslung gegeben, und bei dem, was wir vorhaben, kämen wir mit 50 Heften nun mal nicht aus. Natürlich spielen die Stammleser und Abonnenten eine wichtige Rolle beim (Über-)Leben einer Serie oder Reihe, und ich hoffe sie alle bei der Stange halten zu können. Morgen erscheint Band 400, der extra für Neueinsteiger konzipiert ist, und ich bin sehr auf die ersten Reaktionen gespannt. Ein größeres Wagnis ist es eigentlich, mehr in Richtung Science Fiction zu rücken. Aber auch da haben wir eine Lösung gefunden, die den "postapokalyptischen Touch" in der neuen Welt aufrechterhalten wird.
FONOW: Welche Extras werden in Band 400 enthalten sein? Wird es wieder ein ausklappbares Cover wie bei Band 300 geben? Wird er auch für Stammleser interessant sein oder nur eine Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse bieten? Wer wird das Cover gestalten?MIKE: Also, was haben wir da? Ein umlaufendes Prachtcover von Jan Balaz, das innen ohne Störer noch mal als Mini-Poster abgedruckt ist. Einen erweiterten Umfang von 80 Seiten, wobei der eigentliche Roman Normallänge hat. Die restlichen 20 Seiten teilen sich ein Rückblick auf die komplette bisherige Serie, eine Bestandsaufnahme aller MX-Publikationen, die Leserseite und eine Fortführung der Zeitleiste. Außerdem hat Matthias Kringe wieder eine Comicseite mit den Abenteuern der Heldenenten Madduckx und Aluura geschaffen. Ach ja, und es gibt ein Preisrätsel mit einigen schönen Gewinnen.
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FONOW: MADDRAX ist schwer in eine Schublade zu bringen, wenn es um Genres geht. Es ist eine wilde Mischung aus Abenteuer, Endzeit, Science-Fiction, Fantasy und Horror. Die Anteile der Genreelemente schwanken aber von Heft zu Heft und Zyklus zu Zyklus. Wo würdest du für die, sagen wir mal, ersten 25 Bände ab Nummer 400 den Schwerpunkt einordnen?MIKE: Da der neue Zyklus (erst mal) nicht auf der Erde spielt, fällt eigentlich nur die Endzeit raus; dafür erhöht sich der Science-Fiction-Anteil – aber moderat! Es gibt keine Sternenschiffe, Überlichtflüge oder Raumschlachten; dieses Feld überlassen wir gern PERRY RHODAN. Wir gehen das gewohnt bodenständig an und schaffen damit unsere eigene Art von SF. Der "Sense of wonder" wird jedenfalls hoch sein. In der Mitte des Zyklus – das konnte man ja schon in der Schlussszene aus Band 398 erahnen – geht es zurück zur Erde; wie, warum, mit welchem Ziel und für wie lange, wird nicht verraten.
FONOW: Es gab gelegentlich Leserbriefe, die die Zurückhaltung der Protagonisten in manchen Situationen kritisierten, in denen sich diese eines wiederkehrenden und/oder gefährlichen Feindes ohne große Gegenwehr endgültig hätten entledigen können. Moralisch fragwürdige oder eindeutig unmoralische Handlungen machen Helden zu Antihelden oder zumindest zweifelhaften Helden und damit vielschichtiger, ebenso wie in einem langjährigen Antagonisten einen unerwarteten Funken Güte erkennen zu lassen. Sind die Beibehaltung eines festen Gut-Böse-Schemas und die stets ethisch vertretbar handelnden Hauptfiguren Teil des Konzepts oder ein Zugeständnis an die BPjM und die jüngere Leserschaft?MIKE: Ach je, das ist ein Thema, über das man stundenlang streiten könnte. Da gibt es auch nie einen Konsens. Den einen geht Matt zu weit, den anderen nicht weit genug. Den einen erscheint Aruula als Sex-Püppchen, die anderen sehen sie als toughe Kriegerin. Matt Drax macht Fehler, trifft auch mal falsche Entscheidungen, wird untreu, spielt auf Risiko. Auf der anderen Seite rettet er den Tag und die Welt, versöhnt Feinde, steht zu alten Freunden, setzt sich mit seinem Leben ein. Kurzum: er polarisiert. Und ist damit ein Romanheld nach meinem Gusto. Ich mag ihn. Auch darf man nicht vergessen, dass viel mehr Leser zur Tastatur greifen, wenn ihnen etwas nicht passt; die zufriedenen bleiben meist still. So kommt es z.B. im Bastei-Forum dazu, dass MX viel kritischer, bzw. kritisierter erscheint, als dies im Durchschnitt der Fall ist. Die 500 bis 700 Likes pro Roman bei Facebook sprechen da eine andere Sprache.
FONOW: Und zuletzt: Wie lange wollt und könnt ihr Stamm- und Neuleser noch mit neuen Abenteuern versorgen? Gibt es Pläne für ein abschließendes Finale?MIKE: Solange MX gern gelesen wird, machen wir weiter; über ein Finale denke ich erst nach, wenn es nicht mehr so ist. Glücklicherweise haben wir uns mit der Phantastik ein Feld ausgesucht, das eigentlich nicht abgegrast werden kann. Man sieht es ja beim kommenden Zyklus: Wenn die Erde nicht mehr ausreicht, suchen wir uns ganz neue Gefilde, halten aber immer den Kontakt zu den Wurzeln. Schließlich soll ja auch in Zukunft der Untertitel "Die dunkle Zukunft der Erde" lauten. Wie wir das machen? Sag ich nicht. Müsst ihr schon nachlesen!
Ab dem 19. Mai alle 14 Tage beim Zeitschriften- und Bahnhofsbuchhändler für 1,80 Euro.
FONOW: Tausend Dank noch einmal für deine Zeit und Mühe und herzlichen Glückwunsch zum 400. Band! Wir hoffen, dass sich ein paar Neuleser für MADDRAX begeistern können und der Serie noch eine lange Lebenszeit beschieden ist. Auf die nächsten 100 Bände!Wer mehr über die Welt von MADDRAX erfahren möchte oder während der Lektüre des 400. Bandes etwas nachschlagen will, dem sei das Maddraxikon ans Herz gelegt. Das gut gepflegte Wiki zur Serie bietet seitenweise Infos zu Charakteren, Orten, vergangenen Ereignissen und Handlungszusammenfassungen für fast alle bisher erschienenen Bände.
Nachtrag: Der Autor Michael Marcus Thurner hat für seinen Blog anlässlich des Jubiläumsbandes gleich zwei ausführliche Interviews geführt. Eines mit
Michael Schönenbröcher, das andere mit
Oliver Fröhlich, dem Autor des 400. Bandes.
Und eines noch: FalloutNow! gibts jetzt auch auf Facebook. Und zwar
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