Trifft sich gut, dass du den Thread wieder ausgegraben hast, dann muss ich bei meinem ersten Post hier nicht den "Threadnekromanten" spielen.
Erst mal hallo zusammen, ich bin neu hier.
Um das vorweg zu nehmen, ich hab sowohl Fallout 1 als auch 2 mehrfach durchgespielt und liebe die beiden Spiele sehr. Isb die Art, wie sämtliche Entscheidungen von der Charakterskillung bis zu den eigenen Handlungen die Story beeinflussen und der starke Fokus auf lange, intelligent erzählte Sidequests haben mir gefallen. Außerdem bin ich sehr empfindlich, was logische Unstimmigkeiten in Erzählungen und schlechte sprachliche Präsentation angeht und auch in der Hinsicht hatte ich an beiden Spielen nix auszusetzen. Sind einfach gut geschrieben.
Die Mainquest dagegen fand ich weder beim ersten noch beim 2. Teil berauschend, das war doch ziemlich altbacken imo. Und der G.E.C.K. war für mich schon immer eher ein schlechter Witz. Da erschafft man so eine schöne, stimmige Spielwelt ohne Magie und irgendwelchen Budenzauber und dann kommen die da mit so nem dummen Zauberkasten daher, der MacGyver vor Neid erblassen lassen würde.
Ich hab jedenfalls erst vor ca 2 Wochen angefangen, Fallout 3 zu spielen. Dachte vorher nämlich, dass das Spiel auf meiner alten Single-Core-Kiste nicht läuft und habs daher einfach ignoriert. ^^
Nun läuft es aber doch recht flüssig (wenn auch mit grafischen Abstrichen wie mittlerer Texturauflösung) und halbwegs absturzfrei...
Okay, bis auf den verdammten, eh völlig misslungenen VATS-Modus, der beschert mir bei jedem 3. oder 4. Zeitlupen-Kill einen Bluescreen, super. ^^
Macht aber nix, ich hab genug Erfahrung mit Egoshootern, um auch ohne VATS im "Ödland der Hauptstadt" überleben zu können.
Ich hab jetzt vielleicht 30 Stunden gespielt und die Hauptstory bisher weitgehend ignoriert (soll immer noch den nervtötenden DJ von Radio Galaxy aufsuchen... Werd ihm denk ich mit der Kampfflinte direkt ins Gesicht ballern, wenn ich ihn treffe, der macht mir diesen ansonsten sehr schöne Hintergrundmusik liefernden Sender völlig kaputt.
Okay, dann mal meine bisherigen Gedanken zu dem Spiel:
Das Schlechte:
- Der VATS-Modus ist ein schlechter Scherz. Die Zeitlupen nerven auf Dauer, die Art, wie auch der Ton verlangsamt wird, noch mehr, und dass man selbst in diesem Modus so gut wie keinen Schaden nimmt, egal, ob der Supermutant vor einem grad das ganze Magazin seiner Minigun auf meinen Helden entleert, ist wohl so eine Art Cheat, weil die Entwickler gemerkt haben, dass das Spiel für Nicht-FPS-Spieler sonst zu schwer wäre.
Aber da ich im VATS-Modus eh ständig Abstürze kriege, kann ich mit diesem völlig verkorksten Mist leben, indem ich ihn ignoriere.
- Wieso müssen die Köpfe immerzu vom Rumpf fallen, als hätte ich die Gegner mit nem Schwert enthauptet? So was passiert nicht, wenn man den Gegner voll mit der Schrotflinte erwischt. Das sieht außerdem albern aus, als wären das Barbiepuppen und ich würde ihnen den Kopf abreißen.
Und wieso machen die kritischen Treffer so wenig Schaden? Ich möchte dem Raider mit einem einzigen gut gezielten Schuss den Kopf wegpusten können, nicht mit 2-3.
Sry, wenn ich hier so auf dem Köpfe wegballern rumreite, aber so kindisch das klingen mag, das hat mir in den Vorgängern echt Spaß gemacht, hier dagegen eher weniger.
- Die Quests bisher waren irgendwas zwischen mäßig bis unglaublich dämlich und so langsam hab ich Skrupel, überhaupt noch NPC anzusprechen, aus Angst, sie könnten was Dummes sagen.
Ein paar Beispiele:
Spoiler for Hiden:
- der ganze angeblich originelle Beginn des Spiels. Okay, die ersten Gehversuche als Kleinkind und der Kindergeburtstag waren noch wirklich nett, aber als dann der Vater floh und die ganze Vault auf einmal vom Wahnsinn erfasst wurde, hab ich nur noch innerlich gelitten. Da wurden unbewaffnete Vaultbewohner vom Wachpersonal ohne Vorwarnung über den Haufen geschossen, als wär das ne Hasenjagd. Ich meine, die hocken ihr ganzes Leben lang zusammen in diesem Bunker (der mir dafür btw etwas zu trostlos und karg eingerichtet war) und selbst wenn das eine Art Diktatur ist, kennen die sich trotzdem allesamt persönlich (wie in nem kleinen Dorf halt). Und dann soll ich schlucken, dass die einfach so ohne Grund niedergemäht werden, nur weil jemand aus diesem Gefängnis geflohen ist und der Aufseher jetzt schlechte Laune hat?
Und wieso schießen die Wachen überhaupt auf mich? Was hab ich denen getan? Wieso versuchen die mich nicht wenigstens zu verhaften oder auf mein Zimmer zu schicken? Wieso kann ich die Wachen so leicht töten? Ich bin auf Level 1 und hab null Kampferfahrung, wieso ist das so einfach für mich, die ganze Sicherheitsmannschaft der Vault ins Jenseits zu befördern?
Schon bei diesem Beginn schwante mir Böses, was Questdesign und Glaubwürdigkeit der NPC angeht. Und leider hat sich das dann in fast jeder folgenden Quest bestätigt. Bethesda ist nach wie vor unfähig, gute Geschichten zu erzählen.
- Erste Quest in Megaton, der selbsternannte Sheriff bietet einem im Vorbeigehn an, für eine angemessene Belohnung die Atombombe in der Mitte der Siedlung zu entschärfen. So, wie der das formuliert, wirkt es, als ob er das jedem dahergelaufenen Strauchdieb anbieten würde.
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, das ist echt übel, was mir da aufgetischt wird. Erst mal, wieso ist die Bombe überhaupt so frei zugänglich? Wieso ist da nicht wenigstens ein Zaun drumrum und ne Wache mit gezogener Knarre davor, die jeden rüde abweist, der sich der Bombe nähern will? Und wieso scheinen die jeden Fremden anzubetteln, sich als Bombenentschärfer zu versuchen? In einer Welt voller unzurechnungsfähiger Jetjunkies und verrückter Raider? Was soll der Scheiß???
- 2. Quest in Megaton, der Jetsuchtie. Liebloser kann man eine Quest nicht gestalten, wirklich. Man muss einfach nur nachts in die Wasseraufbereitungsanlage rennen und dem Junkie kurz gut zureden und mir nichts, dir nichts gelobt er, das Zeug nie wieder anzurühren. Wie ich solche Skillcheck-Quests hasse, die null Rücksicht darauf nehmen, ob die beteiligten NPCs sich am Ende noch glaubwürdig verhalten oder nicht.
- Arefu und die "Familie": Auch hier störten mich nicht nur die zu knappen und unglaubwürdigen sowie zum Teil nicht zum vorher von ihnen Gesagten passenden Antworten der NPCs, sondern vor allem die ganze idiotische Story der Quest. Nach den Schilderungen der Dorfbewohner denk ich, die Familie wäre ne Bande raubeiniger Banditen, die mich mit Waffen im Anschlag erwarten und mich umnieten, wenn ich eine falsche Bewegung mache. Nix da, die sind in Wirklichkeit ganz lieb und Kannibalen sind sie auch nur, weil irgendein innerer Dämon (oder vielleicht eine Mutation) sie ab und zu rasend werden und Leute anknabbern lässt. Sie sind quasi arme Kranke und ihr Versteck ist sowas wie ihr Rehazentrum.
Was hat dieser Schwachsinn bitteschön mit Kannibalen zu tun? Kannibalen entscheiden sich bewusst, Menschen zu verzehren. Das widerspricht unseren Moralvorstellungen, sicher. Aber an Kannibalismus ist so gesehen erst mal nix Abartiges oder Böses, das man mit einer Krankheit oder psychischen Störung erklären müsste. Das ist halt einfach nur ein absolutes Tabu, welches nach einer nuklearen Apokalype sicher von ein paar Menschen aufgegeben würde. Die Erklärung von Kannibalismus, die dieses Spiel präsentiert, spricht Bände, was die geistige und moralische Reife der Macher angeht.
Den bescheuerten und gezwungen wirkenden Vampir-Twist kapier ich auch nicht. Wieso macht sie das in ihren eigenen Augen "moralisch besser", wenn sie Dorfbewohner verschleppen, töten und ihr Blut trinken, statt sie zu verschleppen, zu töten und vollständig zu verzehren?
Sie fühlen sich dadurch weniger barbarisch? Ah ja, alles klar.
Einzig Moiras Laufburschen-Quests machen mir im Moment halbwegs Spaß, da muss ich mich wenigstens so gut wie nie mit diesen mich immer wieder aus dem Spiel reißenden, weil unglaubwürdigen Dialogen rumärgern.
Das Gute:
- Die Gestaltung der Spielwelt: Was mich bisher trotz meinem Ärger über die vermurksten Quests immer wieder dazu verleitet, das Spiel weiterzuspielen, ist das raue Ödland mit all seinen kleinen Geheimnissen und liebevoll platzierten Details. Zwar trifft man kaum auf NPCs, die einen nicht sofort töten wollen, aber zumindest gehen die auch gegenseitig aufeinander los und ich fühl mich nicht permanent wie der Nabel der Welt.
Und da die meisten NPCs sowieso nur Schwachsinn labern, bin ich nicht mal böse, dass sie so rar gesäht sind.
Dafür gibts so schöne kleine Sachen wie den Abe-Lincoln-Altar im Keller des Arlington-Hauses, jede Menge das Sammlerherz erfreuende Behälter in Ruinen, Sklavenjäger, versprengte chinesische Truppen (inzwischen durch die Strahlung zu Ghulen mutiert, das erklärt vielleicht auch, warum die nach 200 Jahren immer noch leben...) oder hübsch drappierte Skellette und Wracks, aus deren Anordnung man manchmal sogar ablesen kann, was da passiert ist. Es gibt wirklich ne Menge zu entdecken und ich streife fröhlich von einem Ort der atomaren Verwüstung zum nächsten, immer auf der Suche nach Büchern, Terminals, interessanten Szenen oder einfach nützlichem Loot.
- die Gegner-KI find ich auch recht gelungen. Schön, wenn der Raider panisch wegläuft, nachdem ich ihm mit der Kampfflinte mitten ins Gesicht geschossen habe. Oder der unverletzte Söldner, nachdem ich seinen gesamten Trupp ausradiert hab.
Auch gut, dass Gegner sich Deckung suchen und von da aus zurückschießen (und auch recht lange da bleiben), wenn ich sie aus der Distanz angreife. Oder wenn ein Söldnertrupp sich aufteilt und mich aus 2 Richtungen angreift. Die KI ist wirklich nicht schlecht und spiegelt auch die Intelligenz der jeweiligen Gegner wider. Hat mich wirklich gewundert, denn ich hab in diversen Quellen ständig gegenteilige Behauptungen gelesen.
Wie man sieht, spiel ich das Spiel an sich nur wegen der Sandbox-Welt, denn die ist ihnen imo wirklich gelungen und transportiert auch ganz gut die Stimmung aus den Vorgängern. Wer Fallout 3 per se hasst, wird das anders sehen, sollte sich aber im Klaren sein, dass sein Spielerlebnis wohl eher durch diesen Hass leidet, weniger durch das Spiel selbst. Wobei es natürlich auch davon abhängt, wie tolerant man gegenüber solchen Schwächen wie den strunzdummen Dialogen und teilweise unglaubwürdigen Geschichten der Quests ist.
Mal sehn, wie lang ich noch weiterspiele. Ich befürchte aber, dass das der nächste Bethesda-Titel wird, den ich nicht durchspielen werde. Das ist mir weder bei Morrowind noch bei Oblivion gelungen, für diese schlecht erzählten Nullachtfünfzehnstorys ist mir in der Regel meine Zeit zu schade.
Aber trotzdem hab ich mit Fallout 3 derzeit viel Freude. Ich mag die Spielwelt und verliere mich gern ganze Abende lang darin.
Hab mir allerdings jetzt extra für New Vegas und Red Dead Redemption ne Spielkonsole gekauft und werde Fallout 3 wahrscheinlich in der Ecke verstauben lassen, sobald ich den Nachfolger angefangen habe. Meine UK-Version von New Vegas krieg ich Anfang nächster Woche geliefert, ich freu mich drauf.