Da ich mir, genau wie Gorny, kürzlich den Hobbit angesehen habe, dachte ich, ich teile euch mit, wie mein Urteil ausfällt.
Ein paar Worte zur Handlung: Die Geschichte dreht sich, wie ihr vielleicht wisst oder auch nicht, um den Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman), der von dem Zauberer und verkappten Maia Gandalf (Ian Mckellen) (ja, der gleiche Gandalf wie der aus HdR, hier allerdings noch in seiner Inkarnation als „der Graue“) und einer Gruppe von 13 Zwergen unter Führung von Thorin Eichenschild (Richard Armitage) als Meisterdieb für eine Expedition zum weit im Osten gelegenen Erebor, dem einsamen Berg, angeheuert wird. Ziel dieser Expedition ist es, den Drachen Smaug, der vor über 200 Jahren den Erebor mitsamt dem darin gelagerten Zwergenschatz okkupiert und die dort lebenden Zwerge vertrieben hat, zu töten und den Schatz zurückzuerobern. Darüber hinaus muss sich die Reisegesellschaft auf ihrem Weg jedoch nicht nur um Smaug Gedanken machen, sondern sich auch um einen alten Widersacher Thorins kümmern und Gandalf muss erkennen, dass noch weit größere Schwierigkeiten im Anzug sind.
So simpel die Ausgangslage, so gut die Inszenierung. Der Regisseur und die Drehbuchautoren verstehen es, sehr gut von der Ebene der Gegenwart, also der Ebene des alten Bilbo (Ian Holm), der im Intro die Vorgeschichte zum Hobbit (Vertreibung der Zwerge etc.) erzählt, auf die Ebene des jungen Bilbo, auf dessen Ebene die Handlung dann für den Rest des Films verweilt, zu wechseln.
Überhaupt halte ich die Idee, die Vorgeschichte vom alten Bilbo erzählen zu lassen und den Film auf dessen Ebene zu beginnen, für eine ziemlich gute. Denn so werden Zuschauer auf spannende Weise (nämlich durch die Erzählung unterstützende Rückblenden auf die Hochzeit des Zwergenreiches und die Ankunft Smaugs) an die Thematik herangeführt, die das Buch und damit auch die Motivation der Zwerge nicht kennen. Ein ähnlich cleverer Schachzug von Peter Jackson, wie damals bei „Die Gefährten“, wo er Galadriel im Intro die Vorgeschichte zum Verlust des Ringes erzählen ließ.
Und wo wir gerade von cleveren Schachzügen reden: Ein weiteres Meisterstück ist bei der Besetzung gelungen. Allen voran möchte ich hier Martin Freeman lobend erwähnen, der die anfängliche Engstirnigkeit und ablehnende Haltung von Bilbo genau so gut einfängt, wie seine erwachende Abenteuerlust. Einige seiner Szenen finde ich zwar etwas übertrieben, aber dazu später mehr.
Lobenswert ist auch Richard Armitages Darstellung von Thorin. Armitage gelingt es Thorins Autorität, genau so wie seinen Stolz und die Verachtung, die er der „Krämerseele“ Bilbo entgegenbringt, äußerst glaubwürdig zu porträtieren. Wenn Thorin mit Bilbo schimpft, nimmt man ihm das ab.
Zu Ian McKellen möchte ich nichts weiter sagen. Einfach nur über jeden Zweifel erhaben.
Auch der Rest des Ensembles bringt glaubwürdige bis gute Leistungen.
Da wir gerade bei Darstellungen sind: Überwiegend sind die Darstellungen der Charaktere (unabhängig von den Schauspielern) gelungen.
So wird Bilbo wie gesagt sehr gut als „Krämerseele“ porträtiert oder Gandalf großartig als weiser Ratgeber dargestellt. Auch Sarumans Darstellung als fortwährender Mahner und Beschwichtiger, der Gandalfs Erkenntnisse als nicht valide abtut, ist einfach nur herrlich und trifft genau den Ton.
Allerdings gibt es hier nicht nur positives zu berichten. So ist z.B. Radagasts Darstellung als skurriler Waldschrat, die wohl humoristisch gedacht war, schlicht unpassend für ein Mitglied des Ordens der Istari. Hier muss man klar sagen: Das ist völlig misslungen.
Ebenso missfällt mir die Penetranz, mit der Bilbo teilweise auf pathetische Art und Weise in den Vordergrund gedrängt wird. Ein besonderes Negativbeispiel ist hier die Szene, in der Bilbo heroisch einen Ork attackiert, der im Begriff ist, Thorin den Kopf abzuschlagen. Thorin war zuvor in Zeitlupe(!) auf den Orkhäuptling Azog zugestürmt und niedergeschlagen worden. Derartig erzwungen episch inszenierte Szenen versetzen der ansonsten sehr stimmigen Inszenierung einen Schlag in den Bauch und landen dabei leider kritische Treffer.
Das gleiche gilt für eine ziemlich pathetische Szene, in der Galadriel Gandalf erklärt, er müsse keine Angst haben, denn sollte er jemals Hilfe benötigen, werde sie da sein. Das ist einfach lächerlich, einerseits weil Gandalf derjenige ist, der anderen Rat und Hilfestellung gibt und andererseits weil er als Maia mehr Macht besitzt als selbst eine Elbenfürstin wie Galadriel. Derartige Szenen, die Gandalfs Darstellung in den Werken Tolkiens widersprechen, sorgen bei mir stets für eine exponentielle Zunahme grauer Haare auf meinem Kopf.
Gut gefallen hat mir hingegen die Implementierung der Handlungsstränge, die im Buch nur Erwähnung fanden oder gar nicht vorkamen, einfach weil der Handlung damit eine neue Dimension verliehen wurde. Es geht nicht nur darum, einen Schatz zu bergen, sondern es wird deutlich gemacht, dass eine weit größere, parallel dazu ablaufende Entwicklung im Gange ist, was insbesondere für Nicht-Kenner des Buches interessant sein dürfte. Für Kenner wie mich ist hingegen die Azog-Fehde interessanter. Sie fügt dem ganzen noch das Motiv der persönlichen Rache hinzu, wobei Azog m.E. nach dennoch zu wenig in die Story integriert wurde.
Das Setdesign ist wie gewohnt klasse und äußerst atmosphärisch. Jeder Ort hat seinen eigenen Stil, sei es die unglaublich gemütliche Hobbithöhle von Bilbo, das fast schon heilig wirkende Bruchtal oder die düstere Festung Dol Guldur. Mittelerde erwacht erneut zum Leben.
Im Zusammenhang damit muss man auch die großartigen Landschaftsaufnahmen erwähnen, die bereits in HdR zu begeistern wussten. Es wundert nicht, dass Neuseeland der ideale Drehort ist, um Tolkiens Welt zum Leben zu erwecken.
Leider gibt es auch hier Wermutstropfen. Das Hauptproblem ist hier die schiere Anzahl an CGI-Effekten, die teilweise einfach ohne Maß und ohne Feingefühl für Arrangement eingesetzt wurden, wodurch sich tolle, natürlich wirkende Szenen mit überladenen CGI-Sequenzen abwechseln.
Dieser Umstand wird in der 3D-Fassung mit 48 Bildern (in der ich den Film gesehen habe) noch verschlimmert, weil dort die CGI-Effekte noch offensichtlicher zutage treten und die ohnehin bereits überladenen Sequenzen äußerst künstlich wirken.
Und wo wir gerade bei Optik sind, möchte ich einen Punkt ansprechen, der damit direkt zusammenhängt:
Das Design.
Auch das Design im Allgemeinen ist nur teilweise gelungen. Wie wir wissen, hat Peter Jackson in seinen HdR-Filmen ein sehr bodenständiges, realitätsnahes Design verwendet. Dieses Design ist hier nur noch bedingt vorhanden, z.B. bei der Orkmeute von Azog. Einiges wie z.B. der große Ork und sein Orkstamm wirken hingegen sehr comicartig. Das Problem ist, dass sich dadurch kein einheitlicher optischer Stil ergibt und Brüche mit dem Design von HdR vorhanden sind, was ironisch ist, weil der Film als erster Teil der Hobbit-Trilogie den Anspruch hat, die Vorgeschichte zum HdR zu erzählen. Das ist der große Nachteil, wenn zwei kreative Köpfe (in diesem Fall Peter Jackson und Guillermo del Toro) mit unterschiedlichen Vorstellungen aufeinanderprallen und am selben Projekt arbeiten.
Auch ist die Inszenierung zwar insgesamt gut, hat aber immer wieder Durchhänger. Die bereits besprochenen übertrieben pathetisch und episch inszenierten Szenen sind da nur ein Teil des Problems.
So tauchen immer wieder unpassende Slapstick-Szenen auf. So z.B. im Kampf gegen den großen Ork, wo Gandalf dem großen Ork erst die Sehnen durchtrennt, wodurch der Ork-Anführer zu Boden geht. Dabei sehen er und Gandalf sich direkt in die Augen und der große Ork sagt: „Ich glaube, das reicht jetzt.“
Gandalf schneidet ihm daraufhin die Kehle durch.
Die nächste dieser Szenen schließt sich gleich daran an. Die Brücke, auf welcher der Kampf stattgefunden hat, stürzt ein und die ganze Reisegesellschaft in die Tiefe. Unten angekommen, werden sie unter den Trümmern begraben. Einer der Zwerge ruft daraufhin: „Glück gehabt, das hätte schlimmer kommen können!“ und da stürzt die Leiche des großen Orks auf sie drauf. Die Zwerge rufen: „Das ist doch wohl ein Scherz!!!“
Diese Szenen sind es, die mir die Stimmung vermiest haben, einfach weil sie schlicht überzogen waren.
Ich hatte zwar im Vorfeld in Anbetracht des in den Trailern zu sehenden, gegenüber HdR veränderten optischen Stils, und der Tatsache, dass Guillermo del Toro in den Produktionsprozess involviert war, schon angenommen, dass der Film humorvoller, ironischer und nicht so ernsthaft wie HdR werden würde, aber es mit eigenen Augen zu sehen, ist dann doch ein Unterschied.
Auf den ersten Blick steht hier nun sehr viel Kritik geschrieben, aber das täuscht. Mir gefällt der Film trotzdem, vielleicht auch weil ich mit Guillermo del Toros Stil gut zurechtkomme.
Man darf einfach keinen HdR erwarten.
Es bleibt nur zu hoffen, dass sie diesen Stil für den zweiten Film dann auch beibehalten.