Autor Thema: Nach der Bombe  (Gelesen 7031 mal)

Offline Balthasar

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Nach der Bombe
« am: 12. März 2011, 15:35:30 Uhr »
Nach der Bombe - Philip K. Dick




ISBN 978-3-453-53004-1
Originaltitel: Dr. Bloodmoney, or How We Got Along After the Bomb
Erstausgabe: 1965

Handlung:

Die Geschichte beginnt in den 80er Jahren und spielt in Berkeley (gelegen an der Bucht von San Francisco) bzw. acht Jahre später in West Marin County. Wie für Dick typisch gibt es auch in diesem Roman nicht die/den ProtagonistIN sondern im Grunde eine ganze Reihe von Hauptcharakteren. Als erstes lernen wir Stuart McConchie kennen, ein Schwarzer, der in einem Geschäft für Fernsehapparate arbeitet und dessen Chef sich für Minderheiten einsetzt. Dem Geschäft gegenüber befindet sich die Praxis des Psychotherapeuten Dr. Stockstill, den gerade ein Mann namens Bruno Bluthgeld aufsucht. Ein Atomwissenschaftler, der in den 70ern einen misslungenen Atomwaffentest mit Stratosphärenbomben zu verantworten hat und sich mittlerweile in einem Zustand paranoider Schizophrenie befindet. Ein weiterer Charakter ist der an einer Phokomelie leidende Hoppy Harrington. Er besitzt eine besondere Gabe, die seine Missbildung gewissermaßen kompensiert. Er kann Gegenstände aus der Ferne bewegen und zudem auf molekularer Ebene manipulieren. Vom Chef des Fernsehgeschäftes wird er als Techniker eingestellt und macht seine Sache, dank seiner Begabung und seinem technischen Sachverstand recht gut, wird allerdings von den anderen Angestellten nicht wirklich respektiert.

Die Menschen gehen ihren alltäglichen Beschäftigungen nach. Dr. Stockstill fühlt seinem neuen Patienten (Bluthgeld gibt sich bei ihm als ein gewisser "Mr.Tree" aus) auf den Zahn, Stuart träumt von einer besseren Anstellung und entwickelt einen gewissen Hass auf den verkrüppelten Hoppy, der wiederum an der Entwicklung eines eigenen, besseren Phokomobils arbeitet. Zu dieser Zeit findet auch ein wichtiges Ereignis statt. Die Dangerfields, ein Astronautenpärchen brechen zu ihrem "One-Way-Trip" zum Mars auf. Sie sollen dort eine Kolonie gründen und eine weitere Besiedlung vorbereiten. Kurz bevor die letzte Stufe gezündet werden soll bricht jedoch der Kontakt zum Kontrollzentrum ab. Der Grund: Überall auf der Welt kommt es zum Einschlag nuklearer Sprengsätze. Die meisten Menschen sind den Explosionen schutzlos ausgeliefert, nur ein Teil der Bevölkerung kann noch rechtzeitig in unterirdischen Schutzkellern Zuflucht suchen.

Acht Jahre später. Die Überlebenden finden sich größtenteils in kleinen Gemeinden zusammen und versuchen aus den Überresten der Zivilisation heraus einen Neuanfang. Mittlerweile gibt es allerlei mutierte Tiere. Intelligente Ratten, Katzen mit einer Art eigenen Sprache und sogar einen sprechenden Hund. Die eigentlichen Geschehnisse spielen sich jedoch in West Marin County ab, einer kleinen, dörflichen Gemeinde, der neben Stockstill und Bluthgeld (der dort nur als Mr. Tree bekannt ist) auch Hoppy Harrington angehört. Dieser hat sich mittlerweile ein eigenes Phokomobil gebaut, dass seine Fähigkeiten noch enorm verstärkt. Vor dem "Krieg" noch bemitleidet oder gar gehasst ist Hoppy nun ein angesehenes Mitglied der Gemeinde und auch als Techniker heiß begehrt. Allerdings wird er zunehmend größenwahnsinnig und mehr und mehr fürchtet man ihn aufgrund seiner übernatürlichen Fähigkeiten. Walt Dangerfield kreist indess immer noch als Satellit in seiner Rakete, die eigentlich zum Mars hätte aufbrechen sollen um die Erde. Seine Frau starb einige Jahre nach der Katastrophe und fortan sendet Walt D. übers Radio ein tägliches Programm für die Menschen auf der Erde.

Die Lage spitzt sich zu als Hoppy Harrington die Kontrolle über den Satellit übernehmen und sich selbst als Dangerfield ausgeben will um so der Welt seinen Namen zu verkünden. Auf mysteriöse Art und Weise zündet Bluthgeld Bomben in der Stratosphäre und ein kleines Mädchen, mit einem mutiertem Zwillingsbruder im Leib macht sich daran Hoppy zu stoppen.

Mein Eindruck:

Dick versteht es sehr gut seinen Charakteren Leben einzuhauchen. Die Figuren in seiner Geschichte stellen sich nicht nur als wandelnde Hüllen dar sondern besitzen einen echten Tiefgang, wobei gerade die Darstellung ihrer jeweiligen Psyche eine tragende Rolle spielt. Was das Szenario an sich anbelangt muss man jedoch einige Kritik üben. Auch wenn Dick mit vielen Ideen aufwartet scheint mir seine Version der postapokalyptischen Welt nicht wirklich realistisch zu sein. Natürlich gab es Opfer unter den Menschen aber ansonsten ist mir seine Vorstellung der Zeit "nach der Bombe" etwas zu optimistisch. Die Überlebenden haben sich während des Bombardements im Schutzkeller verkrochen und kommen danach raus um im Prinzip weiter zu machen wie bisher. Sicherlich werden gewisse Auswirkungen der Strahlung, des Fallouts etc. behandelt aber eigentlich nur am Rande und man hat irgendwie das Gefühl, dass die ganze Sache mit dem Krieg nur ein Vorwand war um eine Welt aus Kuriositäten zu erschaffen.

Als "Endzeitroman" an sich taugt das Buch also nicht allzu viel. Allerdings ist es eine schöne, lesenswerte und spannende Geschichte. Wenn man mal den Anspruch einer realistischen Darstellung der Zeit nach einem Atomkrieg etwas runterschraubt kann man das Buch wirklich lieben. Erzählweise und Stil sind ebenfalls sehr gut und einmal in die Hand genommen legt man diesen Schmöker nicht so schnell wieder beiseite ;)...







« Letzte Änderung: 12. März 2011, 15:53:06 Uhr von Balthasar »

Offline F0lem

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Re: Nach der Bombe
« Antwort #1 am: 12. März 2011, 15:38:28 Uhr »
Fand das Buch ziemlich abgefahren und gut. Müsste ich mal wieder auspacken.

Offline persistent_gloom

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Re: Nach der Bombe
« Antwort #2 am: 12. März 2011, 17:33:28 Uhr »
Ich fand das Buch auch gut, zwar keines meiner Lieblingsbücher, allerdings lies es sich gut lesen und war mal etwas anderes :).
Zitat
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Offline Lexx

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Re: Nach der Bombe
« Antwort #3 am: 16. März 2011, 15:14:18 Uhr »
also ich zähle es schon zu meinen lieblingsbüchern. war eines der wenigen, die ich damals in knapp zwei tagen durch hatte.
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Offline Zitronenkrebs

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Re: Nach der Bombe
« Antwort #4 am: 03. Mai 2011, 14:12:54 Uhr »
Geniales Buch! Ich hab es zufällig bei Amazon entdeckt, als meine Freundin gerade ihr übliches Online Shopping im Internet gemacht hat (Frauen!  :wtf :neien) und ich muss sagen, ich bin einfach nur begeistert! Ich habe es in knapp zwei Tagen gelesen und könnte es immer wieder aufs Neue lesen!
« Letzte Änderung: 17. Mai 2011, 09:21:38 Uhr von le L0xx »