Autor Thema: SC2009: Das Finale  (Gelesen 3940 mal)

Offline Mr.Wolna

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SC2009: Das Finale
« am: 10. September 2009, 18:11:03 Uhr »
Es ist soweit das große Finale, hier heißt es von Angesicht zu Angesicht. MOLOT vs CEREBRO

SC 2009: DAS FINALE
Thema: Falloutstadt
Status:(Beendet)
Der SC 2009 Gewinner:
CEREBRO


« Letzte Änderung: 10. August 2012, 19:53:52 Uhr von Mr.Wolna »
RPÜ/German Restoration Project Tanslation
Ich habe ein Gewehr, eine Schaufel und 5 Hektar Land hinter dem Haus. Man wird dich nie finden - leg dich also nicht mit mir an!  
P.s. Nein es ist nicht die Gewalt was mich an der Fallout Reihe gereizt hat,aber sie war immer die Kirsche auf der Sahnetorte ( Und ich will verdammt nochmal ne Kirsche oben drauf haben)

Offline Molot

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Re: SC2009: Das Finale
« Antwort #1 am: 24. September 2009, 19:58:20 Uhr »
12 Minuten bis nirgendwo
 
by Molot

Als das Fusionskraftwerk des Himmels allmählich über den Horizont steigt, startet er wieder, der ganz normale Tag in dieser einmaligen Stadt. Die Sonnenstrahlen lassen die orangene Brücke feuerrot aufleuchten, so als wollte sie sagen: ‚Hier bin ich, holt mich doch… Ich bin von Menschenhand gebaut und nichts wird mich stürzen.’  Das nautische Zwielicht schwindet wird aus der San Francisco Bay gepresst wie der Saft aus einer reifen Apfelsine.
Die ersten Pendler sind schon auf dem Weg, geduldig stehen sie an der Mautstelle an, warten auf ihren Einlass in die Stadt. Sie verstopfen die Straßen mit ihren Autos oder wuseln wie die Ameisen durch die Straßen. Langsam aber sicher mischen sich die ersten Touristen unter die Menschenmassen. San Francisco, immer eine Reise wert… prangt es auf der ganzen Welt von den zahlreichen Reisebroschüren. Die Krise, von der überall geredet wird scheint hier keinen zu interessieren.
Die Cable-Cars, diese jahrhunderte alten Relikte aus einer längst vergangenen Zeit sind wie jedes Wochenende mit Touristen gefüllt, die sich die bekannten Sehenswürdigkeiten wie den Golden Gate Park oder den Fishermans Warf ansehen wollen. Hier und dort sind gelegentlich Streitigkeiten zu sehen, welche allerdings schnell von den dezent platzierten Soldaten geschlichtet werden. Die Krise, sie ist gegenwärtig wenn man genau hinschaut, doch die besser betuchten, die die sich den Urlaub hier noch leisten können, sie interessiert das nicht.

Jonathan steht an seinem Fenster und beobachtet fasziniert die Szenerie, wie drei Soldaten in ihren glänzenden Rüstungen zu einem Streit kommen. Hitzige Wortfetzen und Beleidigungen dringen an sein Ohr, aber er versteht nur die Hälfte oder weniger von dem Gesagten. Sein Blick wandert ruckartig nach Nordosten, als ihm eine Lichtreflexion ins Auge fährt. Langsam dringt das markante Röhren eines Mikrofusionsmotors an sein Ohr…

Samuel McKay, seines Zeichens Immobilienmakler und Kleinganove genießt noch einmal den Blick aus seinem Büro im zweiundsechzigsten Stockwerk der Transamerica Pyramid. Unter ihm tanzen die vielen bunten Lampions im Wind, der durch das zum Großteil verwaisten Chinatown weht…  Ein paar wenige Chinesen trauen sich noch bei Tage auf die Straße. Die meisten sind schon längst woanders hingegangen, sei es wegen der Repressalien, die sie von allen Seiten zu spüren bekommen oder weil sie nicht mehr in dem Land leben wollen, dass im Krieg mit ihrer Heimat liegt.
Grinsend packt Samuel seine Aktentasche und schlendert aus seinem Büro. Mit einem Bing und begleitet von einem leisen Surren öffnet sich die Fahrstuhltür. Welch prachtvoller Anblick ihm sich bietet, die süße Susan aus der Buchhaltung begrüßt ihn mit einem leicht schüchternen „Hi“ und lächelt ihn unmerklich an. <Ja, du hast es drauf… Bei der Firmenfeier in wenigen Wochen ist die Kleine fällig… Lass sie ruhig noch etwas zappeln…> „Hallo,“ grüßt er die zierliche Blondine zurück, „sie sind Susan, richtig?“ – „Ja…“ <Er kennt mich…> seufzt sie innerlich und merkt nicht, wie sie langsam an Gesichtsfarbe gewinnt.
Die Fahrstuhltür öffnet sich erneut und ein kurzer Blick verrät Samuel, dass Susan ihn hier verlässt. Die Tür schließt sich wieder und Samuel ist alleine mit seinen Gedanken an den vergangenen Tag und die letzte Nacht, leise untermalt von seichter Hintergrundmusik.

Der Geruch von Waffenöl liegt in der Luft, die 1873er Winchester liegt auf dem Bett und wartet auf ihren Einsatz. Emotionslos und metallisch kalt aber doch mit einer gewissen Wärme lächelt sie ihren Besitzer an und wartet…
Immer wieder tigert Chen durch das billige Hotelzimmer schaut alle paar Sekunden auf den Highwayman auf der anderen Straßenseite. <Das wirst du mir büßen du kleiner Wichser… Warte nur… Meine Zeit ist gekommen…> Chen blickt zur Uhr und beobachtet, wie der Sekundenzeiger langsam über das Ziffernblatt schleicht. Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn, die unerbittliche Mittagssonne heizt das Zimmer immer weiter auf. <Gleich ist es soweit…> Unendlich oft ist er diesen Moment schon durchgegangen und so wirken Chens Bewegungen fast schon programmiert. <So lange geplant und dann war es doch so leicht… Ein Anruf hat genügt und schon setzt sein einstudierter Ablauf ein… In drei Minuten wird er durch diese Drehtür treten und in sein Prollwagen einsteigen…>
Chen wiegt die Waffe in seiner Hand, prüft die Balance und legt sie einmal locker an. Liebevoll legt er nach und nach die 6 Patronen vom Kaliber .22 in die Waffe ein und entsichert sie, <2 Minuten noch>, er schiebt den Vorhang ein wenig beiseite und platziert sich neben dem geöffneten Fenster.

Mit einem *Bing* öffnet sich die Aufzugtür erneut und diesmal ist Samuel auf der richtigen Etage. Durch die abgedunkelten Scheiben der Eingangshalle lässt sich das Licht was gleißend hell von den weißen Fassaden reflektiert wird nur erahnen. „Viel Erfolg…“ schallt es ihm vom Rezeptionisten entgegen… Lächelnd und ein wenig arrogant winkt Samuel dem Mann nur zu und lässt Geschickt seinen Autoschlüssel um den Zeigefinger kreisen. Da steht er, sein Prachtstück, ein 2073er Highwayman mit verchromter Zuluftkühlung, aufgebohrten Plasmainjektoren und einem weißen Lederverdeck im Retrolook. Kurz betrachtet er seinen Wagen und lässt seinen Blick die Straße entlang schweifen.

*brzz* ‚Tango Delta an Basis, wir haben einen 1034 an der Market Ecke 8th-Street… Scheinbar will einer die Zeche im Hotel Whitcomb prellen. Wir nähern uns über den Rathausplatz… Tango Delta Ende’ *brzz*
„Irgendetwas stimmt mit meiner Funke nicht, ich habe ständig Störgeräusche drauf…“ hallt es mechanisch aus der Powerrüstung. Das Hauptquartier hat schon seit einigen Tagen die Alarmstufe erhöht, aber keinerlei genaueren Informationen herausgegeben oder sich dazu ausgelassen, wie sie sich die Wachtruppe gegenüber der Zivilbevölkerung zu verhalten hat.
Der optische Sensor ortet eine Wärmequelle in einem kleinen Versteck und ein kurzer Zoom gibt Entwarnung, nur ein kleiner Junge, der sie beobachtet.

„Was ist hier los?!“ verlangt die blecherne Stimme zu wissen. Aufgewühlt antwortet der Afroamerikaner in dem Pagenanzug der ihn als Hotelangestellten ausweist: „Ich habe diesen Mann erwischt wie er in ein Funkgerät gesprochen hat, ich glaube er ist ein chinesischer Spion…“ Augenblicklich richten sich Waffen auf die beiden Beteiligten des Streites. „Sie kommen beide mit… Leisten sie keinen Widerstand!“ – „Was?! Nein!! ICH?! ER… ER ist der Spion… Ich…“ Als die Patroullie von einem Lichtblitz kurz abgelenkt ist, gerät der Schwarze in Panik und nimmt seine beiden Beine in die Hand. Er läuft ein paar Meter auf ein sich schnell näherndes Fahrzeug hinzu. „STEHENBLEIBEN!!!“ ertönt eine kurze Warnung bevor ein hellgrüner Plasmastrahl sich durch die Luft und den Rücken des Schwarzen frisst.

Stocksteif von dem Schock das abrupte Ende eines menschlichen Lebens anzusehen drückt sich Jonathan ganz flach auf den Boden. Die Patroullie schenkt ihm keine Beachtung und schleift den als Spion beschuldigten Weißen mit sich.

<Ganz schön leer die Straßen… Ich frage mich, wo die alle sind…> Samuel tritt durch die Tür und steuert direkt auf seinen Wagen zu. Ein kurzer Druck auf die Fernbedienung und schon begrüßt ihn sein Wagen freudig piepend. <Was ist das?> Glänzend blickt ihn ein Quarter vom Boden aus an. Und er bückt sich diesen aufzuheben…
Ein Schuss peitscht durch die Luft. „Verdammte Scheiße…“ verflucht Chen den arroganten Aufreißer und sein Gewehr, dass einige grad nach Links zu ziehen scheint.
Samuel duckt sich hinter seinen Wagen und sieht sich hektisch um. <Verdammt noch mal, keine Patroullie da, wenn man sie braucht…> Hastig versucht er die Beifahrertür zu öffnen und ins Auto zu kommen.
Ein weiterer Schuss schlägt in die Mauer hinter ihm ein, Steinfragmente rieseln herab und schon wieder muss Chen nachladen. „Verdammt, verdammt, verdammt… Das sollte alles ganz anders laufen… Der soll büßen, für das was er meiner Schwester angetan hat…“
Samuel hat sich bereits hinter sein Steuer gezogen und den Wagen angelassen als ein weiterer Schuss durch die Scheibe schlägt.
Samuel zuckt zusammen und drückt das Fusionsregelpedal voll durch. Mit quietschenden Reifen braust der Highwayman um die Ecke, ein weiterer Schuss durchschlägt das Blech seiner Fahrertür, panisch rauscht Samuel davon.

Mit viel zu hoher Geschwindigkeit braust ein Wagen über die Marketstreet, die Patroullie aber ignoriert den Wagen vorerst, da sie einen Gefangenen zum Verhör zu bringen haben. Am Steuer sitzt ein blasser, kaltschweißiger Mann, eingesunken und mit letzter Kraft hält er das Lenkrad auf seinem Schlingerkurs. Blut tritt aus seinem Brustkorb und das Atmen fällt ihm mit jedem Zug schwerer. Er versucht dem Objekt dass dort reglos auf der Straße liegt auszuweichen, es ist ein schwarzer Mann, der dort in einer Lache seines Blutes liegt. Ein Schrei ertönt und Jonathan versucht sich noch aus seinem Unterschlupf zu befreien… Zu spät, der Wagen hält direkt auf ihn zu, der Kopf des Fahrers hängt schlaff zur Seite...

Eine Sirene ertönt und wenige Minuten später macht sich eine unglaubliche Hitze in Jonathan breit. Er glaubt zu kochen, ja gar zu verbrennen. Schwach schlägt er die Augen auf und seine Augen wandern über den schmerzenden Rest seines zertrümmerten Körpers. Schwere Schritte nähern sich im Laufschritt und ein Funken Hoffnung glimmt wieder in dem Jungen, doch wenig später erlischt diese bereits in einem flammenden Inferno. Eine Feuerwalze kriecht über ihn hinweg und brennt alles weg, was ihr in den Weg kommt. Die Soldaten versuchen noch zu flüchten. Zwecklos. So werden ihre eisernen Rüstungen zu ihren metallischen Särgen.

Angesengt und ein wenig angeschmolzen steht sie noch da… Ihre grellorange Farbe ist abgebrannt… Was steht ist nur noch das metallische Gerüst. In den geschmolzenen Asphalt sind einige Autowracks eingesunken und machen die Brücke unpassierbar für andere Fahrzeuge.
Die Ruinen der Hochhäuser San Franciscos stehen hoch über die Stadt, wie tote Bäume ohne den Hauch einer Seele starren sie trübe herab auf die leergefegten Straßen. In ihren unzähligen toten Augen hängen nur noch Fragmente der Scheiben, die nicht von der Hitzewelle vaporisiert wurden.
Ein paar menschliche Überreste in Form von Asche wehen über den aufgebrochenen Asphalt der Marketstreet, einsam verteilt liegen größere und kleinere Metallklumpen, ehemals stattliche Limousinen oder LKW’s und an den Wänden die nicht eingestürzt sind hat sich der Schatten des Schreckens gebildet. Die Silhouetten der Menschen zum Zeitpunkt ihres Todes haben sich eingebrannt und spiegeln die Szenerie des Entsetzens wieder.

Stille, kein Geräusch ist in dieser einst so lebhaften Stadt zu hören. Nichts bewegt sich, nichts lebt hier mehr, nur noch wenig erinnert an den einstigen Glanz.

Ein seichter Wind spielt mit dem Wasser in der San Francisco Bay, setzt ihm kleine Schaumkronen auf und beobachtet, wie sich ein kleiner Strudel bildet, der immer größer wird. Ein metallischer Gegenstand schlägt durch die Oberfläche und schaut sich suchend um, verschwindet wieder nur um kurze Zeit später mit seinem gesamten, gewaltigen Stahlkörper aufzutauchen…


Wer ist dieser Molot eigentlich?!

Heute singt für Sie...


Das Niveau!!!

Offline Cerebro

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Re: SC2009: Das Finale
« Antwort #2 am: 24. September 2009, 22:48:13 Uhr »


~ 12:02 ~

Mit zwei letzten, kräftigen Stößen erreichte Barney Melwood den Höhepunkt. Er stöhnte leise, genoss die letzten paar Momente der Erregung und ließ dann befriedigt von der Frau ab.

<Jetzt noch 'ne Zigarette, dann anziehen und ab in die Mine.>

Der füllige Mann mit Dreitagebart und tätowierten Unterarmen schob sich zur Bettkante, um eine Zigarette aus der am Boden liegenden Jeans zu kramen. Kurze Zeit später flammte ein Streichholz auf.

"Wann hast du heute Abend Dienst, Baby?", murmelte er nur halb verständlich mit der Kippe zwischen den Lippen. Sein Blick ging über die Schulter zum Kopfende des Bettes.

"Ab Sieben Honey, so wie immer."

Völlig nackt lag sie da und räkelte sich ungeniert vor ihm. Ein wohlgeformter Körper, lange Beine, volle Lippen... Ihre Hand wanderte über die klamme Matratze, Sekunden später war der Inhalator am Mund. Sie löste aus und atmete gierig den Inhalt der Kartusche, leerte sie in zwei kräftigen Zügen. Barney beobachtete die Szene teilnahmslos. Fannie sah kränklichen aus, die dunklen Ränder unter ihren Augen stachen ungewohnt deutlich hervor. Jahre zurück, als sie im Malamute Saloon angefangen hatte zu kellnern und später anzuschaffen, war sie das blühende Leben gewesen, immer fröhlich und voller Energie - zumindest oberflächlich. Jetzt wirkte sie verbraucht, seelisch ausgebrannt. Nur das Jet sorgte noch für Höhenflüge. Barney fand es verblüffend, wie unbemerkt ihr Verfall lange Zeit an ihm vorbeigegangen war. Er traf sie mehrmals pro Woche, kam fast immer vor den Spätschichten in der Mine vorbei. Es war zwar außerhalb ihrer gewöhnlichen Arbeitszeiten, doch er zahlte gut, wollte keine Extrawünsche und war nicht grob. Ein netter Nebenverdienst für sie, eine schöne Zeit für ihn. Mehr - und das wurde dem Bergmann erneut bewusst, als er darüber nachdachte - gab es hier nicht. Fannie war nur eine von vielen Prostituierten und in Redding weiß Gott nicht der einzige Junkie. Drogen bestimmten den Alltag, allen voran das synthetische Jet. Wer es einmal probierte, kam nicht mehr davon los. Die Abhängigkeitsrate glich der Chance, sich beim Griff ins Feuer zu verbrennen und mittlerweile war das durch Mund oder Nase eingenommene Halluzinogen aus dem Leben der Menschen nicht mehr wegzudenken.

<Und wenn schon der gute Doc Johnson höchst selbst das Zeug verteilt, dann steckt der Karren wirklich knietief im Dreck. Hatte ihn eigentlich für 'nen aufrechten Burschen gehalten, aber wenn der Zug erst mal anrollt, springt man eben auf...>

Asche rieselte zu Boden. Während Fannie ihren Rausch erlebte, beobachtete Barney in Stille, wie der blaue Dunst seiner Kippe langsam zur Decke hinauf waberte. Auf welche Art und Weise die Leute ihr Leben den Rinnstein hinunterspülten war ihm eigentlich egal, aber das rote Pulver und die Probleme, die es mit sich brachte, stießen ihm sauer auf. Die Droge kam beinahe ausschließlich über New Reno in die Stadt, wo sie dann gegen geschürftes Gold aus den Minen eingetauscht wurde. Das lukrative Geschäft sicherte Reno nicht nur jede Menge Geld, sondern schuf auch eine zunehmende Abhängigkeit, die man in der 'größten Kleinstadt der Welt' zu gegebener Zeit sicher auszuspielen wusste. Ein klarer Vorteil gegenüber Vault City und der New California Republic, den beiden Mitkonkurrenten im Rennen um Reddings Sympathie und ertragreichen Bergbau. Man konnte nicht ewig auf sich alleine gestellt bleiben und würde sich über kurz oder lang einer dieser großen Mächte unterordnen müssen. Hitzige Diskussionen über das 'Wer', 'Wann' und 'Warum' spalteten die hiesige Bevölkerung in verschiedene Lager und endeten nicht selten in Gewalt.

Barney verging die Laune bei diesen Überlegungen. Er wollte sich ablenken, noch etwas plaudern. Ein Blick zu Fannie verwarf diese Pläne allerdings sofort wieder. Zwecklos, sie jetzt anzusprechen. Wenn das Mädchen high war, kam nur dummes Zeug aus ihr heraus. Er rauchte in Ruhe zu Ende, zog sich dann ohne Eile an und verließ die Wohnung. Das "Seh' dich dann heute Abend im Malamute." war ohne große Bedeutung, denn die Hure würde es sowieso nicht mehr mitbekommen oder zumindest gleich wieder vergessen.



~ 22:51 ~

"Du willst mich doch verarschen?!" Deputy Owen McAndrews runzelte die Stirn.

"Nein Mann, wenn ich es dir doch sage! Stu hat der Maulwurfsratte wirklich Psycho gespritzt! Das Drecksvieh is' total abgedreht, hat nach allem geschnappt und sich fast durch den Zwinger gebissen. Und dann, also dann geht der Kampf los, ok?! Stu bugsiert die Ratte zur Box, die zur Arena führt. Das Biest schlägt tollwütig um sich und reißt ihm einmal fast den Fuß vom Knöchel, aber irgendwie schafft er es. Dann, pass auf: Die Klappe öffnet sich, der Kampf geht los... und die scheiß Ratte fällt einfach um. Tot! Schaum vor'm Maul und das alles. Ey, kannst du dir das reinziehen?! Alter, ich bin so kaputt gegangen! Die Kohle für das Psycho verballert und das Finale vorbei, bevor es überhaupt angefangen hat! Das Preisgeld ist futsch, die Leute buhen wie blöd und Stu springt im Dreieck und rauft sich die Haare. Hey Mann, ich schwör's dir: Wenn ich nicht ausgewichen wäre, hätt' er mir die vordere Zahnreihe neu sortiert, so sauer war er. Hat ein solches Theater veranstaltet, dass sie die Regeln danach verändert haben und jetzt keiner mehr seine eigenen Tiere antreten lassen darf."

"Tja, dein Kumpel Stu hat's also verkackt... Und dein Einsatz?"

"Mein Einsatz? Mann, ja das ist es doch gerade! Ich hab' auf die andere Ratte gesetzt!! Kannst du dir Stus Gesicht vorstellen, als ich ihm das sag'?! Fuck Mann, ich hätt' mir fast in die Hosen geschissen vor Lachen!"

Lennys Gegacker schallte durch die Zellentür und hinaus bis in den Vorraum. Auch der junge McAndrews konnte sich unter Kopfschütteln einen durch die Nase gegrunzten Laut der Belustigung nicht verkneifen. Die ausgelatschten Stiefel auf dem sauberen Schreibtisch und mit hinter dem Kopf verschränkten Armen hockte er am Arbeitsplatz des Sheriffs und wippte gelangweilt mit dem Stuhl. Ein Blick aus dem Fenster zeigte nur Dunkelheit. Owen pustete sich lustlos eine der rotblonden Strähnen aus dem Gesicht und überlegte, wie er die Zeit totschlagen könnte. Er und der einsitzende Lennard 'The Rat' Fissle waren die einzigen Anwesenden, Sheriff Marion blieb seit Stunden verschwunden und es gab nichts zu tun.

"Hey Lenny, was hältst du von einer Runde Hold'em oder Tragic?"

Bevor eine Antwort kommen konnte, griff etwas nach der Rückenlehne und zog. Owens Stuhl krachte polternd zu Boden und der Deputy landete völlig überrumpelt auf dem Rücken. Noch ehe er sich aufrappeln konnte, wurde er am Kragen hochgezogen und brutal an die Wand gedrückt.



~ 12:19 ~

Barney Melwoods verdreckte Arbeiterschuhe traten auf die sandige Straße. Ein heiterer Vormittag begrüßte ihn. Der Himmel war klar und die Sonne blendete, so dass er eine Hand an die Stirn legte, um sich besser umsehen zu können. Für ihn hatte Redding immer eine unvergleichliche, rustikale Schönheit besessen. Neu gezimmerte Häuser aus Holz gesellten sich zu den schnörkellosen, vom Krieg verschont gebliebenen Bauten aus Stein und überall wuselten Arbeiter umher. Zwar traf man auch auf Händler und gewöhnliche Passanten, den Großteil der Bevölkerung allerdings stellten die Bergleute. An jeder Ecke sah man ihre rußgeschwärzten Gesichter, wenn sie nach Schichtende in die Stadt kamen. Als Frau hatte man hier nicht viel verloren, wenn man nicht gerade Essen servierte oder die Beine breit machte. Eine Stadt für echte Kerle also, auch wenn in letzter Zeit immer mehr Jetties hinzukamen. Barney war zufrieden, obgleich ihm der Geruch von Grubenstaub in der Luft etwas die Laune vermieste. Mittlerweile roch er ihn fast überall, selbst wenn er sich nicht in der Nähe der Minen aufhielt. Dazu kam, dass er immer häufiger zähen, dunklen Schleim aushustete. Er überging diese Probleme und bemühte sich auch nicht weiter zum Arzt. Minenarbeiter waren nicht gerade dafür bekannt, ein hohes Alter zu erreichen. Viele griffen zum Jet, um die körperlichen Leiden zu betäuben, Barney jedoch ersparte sich diese Schwäche, denn er wollte mit klarem Verstand abtreten, wenn seine Zeit gekommen war.

<Jetzt mit den Kumpels ein paar Steinchen klopfen, heute Abend dann auf 'ne Runde Poker ins Malamute und zum Abschluss noch ein Ritt auf der vollgedröhnten Fannie Mae. Das Leben könnte schlimmer sein.>

Er trabte durch die Straßen. Von Fannies kleiner Wohnung war es noch ein gutes Stück bis zur Mine. Barney durchquerte Downtown, kam an den Karawanenhäusern und am Martplatz vorbei. Weiter südlich passierte er den Malamute Saloon und Ascorti's Ace, das einzige Casino in der Gegend und zugleich Reddings Stadthalle. Bürgermeister Ascorti war ein einflussreicher Mann. Ihm gehörten beinahe alle öffentlichen Einrichtungen, dazu noch ein paar Farmen und sogar die große Wanamingo Mine, die noch vor Kokoweef und Morningstar, den beiden anderen bedeutenden Zechen der Stadt, das meiste Gold abwarf. Solange Redding unabhängig bliebe, würde an seiner Macht nicht zu rütteln sein, weshalb der Bürgermeister einen Zusammenschluss mit Reno, Vault City oder der NCR so lange wie möglich hinauszögerte.

Den Bergmann kümmerten diese politischen Einzelheiten nicht. Er marschierte weiter, schlängelte sich zwischen Doc Johnsons kleinem Hospital und dem Büro des Sheriffs hindurch und gelangte so letztendlich zum Ortseingang. Hier bestieg er eines der vielen Brahmingespanne, die regelmäßig zwischen dem Stadtkern und den etwas abgelegen Minen hin und her pendelten. Auf diese Weise konnten Gold und Personal schneller transportiert werden. Zeit war ohne jeden Zweifel Geld und um einen flüssigen Ablauf zu gewährleisten, wurde in den Zechen beinahe rund um die Uhr geschürft. Aufgrund der zunehmenden Suchtprobleme gingen die Erträge dennoch stetig zurück. Fähige, zuverlässige Arbeiter vergingen im Drogenrausch, versäumten den Dienst oder waren schlicht nicht mehr zu gebrauchen. Es hatte bessere Tage gegeben, zugegeben, aber man musste eben das Beste daraus machen...



~ 22:53 ~

"Ist das deine Art, auf Gefangene aufzupassen? Mit ihnen Witzchen reißen und Karten spielen?! Das ist einer aus Frog Mortons Bande und nicht dein verdammter Busenfreund! Und wo hast du Augen und Ohren gelassen? Jeder Idiot hätte hier ohne Mühe reinschleichen und dir eins überziehen können!"

McAndrews rang noch völlig perplex nach Worten. Earl Marion klatschte ihm mit der flachen Hand seitlich gegen den Kopf, trat dann zwei Schritte zurück. Seine dunklen Augen funkelten gereizt und man musste kein Hellseher sein, um festzustellen, dass der bullige Schwarze sauer war. Er pochte dem Deputy den Zeigefinger auf die Brust.

"Hör zu, du Nichtsnutz. Ich will, dass du rüber zu Josh Laurence stiefelst. Er behauptet, irgendwer oder irgendwas macht sich an den Gräbern zu schaffen. Wahrscheinlich eines der Tiere, die letzte Woche vom Molerat Mambo ausgebüchst sind. Sieh dich auf dem Friedhof um! Vielleicht findest du das Nest der Biester!"

"Was denn? Jetzt? A-Aber...  und was machst du Earl?"

Marions Brauen rückten zusammen. Zwischen Erstaunen und Wut wetterte er los.

"Für dich immer noch Sheriff Marion, du faules Stück Aas! Und auch wenn es dich nicht zu interessieren hat: Ascorti hat mir eben einen ewig langen Vortrag gehalten und mich auf 180 gebracht! Heute gingen ein paar seiner Leute verloren. Spurlos verschwunden! Sind zu ihrer Schicht in die Wanamingo Mine und kamen nicht mehr raus. Man hat nach ihnen gesucht, aber nichts gefunden. Ascorti musste den Betrieb einstellen und will die Sache so schnell wie möglich geklärt haben. Ich werde mich darum kümmern und DU gehst diese Ratten suchen, bevor wir wie letztes Mal eine ganze Plage am Hals haben! Scheiße, wenn das noch einmal passiert, mach' ich Jane den Laden dicht, so wahr ich hier stehe! ... Was ist?! Jetzt mach kein dummes Gesicht und sieh endlich zu, dass du Land gewinnst, sonst werd' ich ungemütlich!"

"I-Ist ja gut. Geht klar. Bin schon weg!"

Wie ein getretener Hund griff Owen hastig nach seinem abgelegten Revolvergurt und marschierte schnellen Schrittes hinaus. Lennys schadenfrohe Lache und die finsteren Blicke des Sheriffs, der ihm mit in die Hüfte gestemmten Fäusten nachsah, begleiteten ihn in die kalte Nacht.



~ 13:35 ~

Die Kumpel standen alle dicht gedrängt. Ein Donnern und Dröhnen war von unten zu hören, alles vibrierte leicht unter der Macht der alten Maschinen, die sich weiter unten durch das Gestein fraßen. Barney zog seinen Helm zurecht und knipste das kleine Lämpchen darauf an. Das schwache Licht gesellte sich zu einigen anderen.

"Wo geht's heute hin?", wollte einer wissen.

"Richtig tief ins Loch!", antwortete Barney lautstark, um gegen das ständige Getöse anzukommen. "Bronsons Leute haben heute kurz vor Ende ihrer Schicht 'nen Hohlraum aufgesprengt, ganz unten auf der letzen Ebene. Sie kamen aber nicht mehr dazu, den unter die Lupe zu nehmen, also machen wir das jetzt. Hoffe, da gibt's ordentlich was zu holen. Vorarbeiter Meddows macht schon Stunk, weil die Zahlen immer weiter zurückgehen. Wahrscheinlich sitzt ihm der Bürgermeister im Genick."

"Soll er nicht uns anpflaumen, sondern seine Freunde aus New Reno.", meckerte ein anderer dazwischen. "Die schleppen doch das scheiß Jet massenweise in die Stadt und sorgen dafür, dass mehr Kumpel auf der Gosse landen, als in den Gruben. Wenn die NCR das Sagen hätte, würde es hier anders zugehen!"

Das war Zunder für das schwelende Feuer und andere mischten sich dazu.

"Blödsinn! Für die NCR wären wir doch nur ein weiterer Punkt auf der Landkarte. Die würden sich einen Scheiß kümmern und uns nur ihre Regeln aufdrücken! Unter Reno hätten wir wenigstens unsere Freiheit und könnten tun und lassen, was uns passt!"

"Willst du noch mehr Junkies hier rumrennen sehen?"

"Schluss jetzt!", wetterte Barney. "Politik gehört nicht in die Zeche! Haltet alle die Klappe und seht zu, dass ihr gute Arbeit macht!"

Kurzes Gemurre, dann Ruhe. Barney war der Dienstälteste unter den Anwesenden und trug hier die Aufsicht. Sie hatten Respekt vor ihm und das mussten sie auch, denn sonst hätte man den erfahrenen Bergmann wieder unter die normalen Schürfer gesteckt, was zwar kaum Verantwortung, allerdings auch kümmerlichen Lohn bedeutete. Er seufzte. Seine fleischigen Finger glitten über ein verdrecktes Tastenfeld, kurz darauf setzte sich der Lastenaufzug in Bewegung. Langsam glitten sie in die Dunkelheit. Das helle Tageslicht verlor sich und nur der schwache Schein der Helmleuchten blieb zurück. Barney roch erneut die intensive Note der Grube, diesmal jedoch besonders stark. Dann wurde es wärmer. Die gewaltigen Bohrer produzierten Unmengen an Hitze und die dicke Luft konnte nur sehr schlecht abziehen, also staute sie sich in den Schächten. Nicht lange, da lief ihnen allen der Schweiß.

Nach endlosen Minuten der Abfahrt endete die Reise. Sie waren jetzt auf der untersten Sohle. Einige Stützbalken sicherten sporadisch die niedrige Decke im Umkreis weniger Meter, Kabelstränge lagen wild verstreut und zwei Generatoren brummten um die Wette. Hier herunter war bisher kaum einer gekommen und selbst die Bohrer röhrten nun über ihnen. Ob es sich lohnte, auf dieser Ebene neue Grabungen zu starten, musste erst geprüft werden und genau deshalb waren sie hier. Barney schulterte seine Spitzhacke, nahm den schweren Metallkoffer mit den automatischen Messgeräten und stapfte als erster in die langen Schatten.

"Also Leute, los geht's. Hier unten wartet Gold auf uns..."



~ 01:15 ~

Deputy Owen McAndrews überkam eine leichte Gänsehaut. Das vorangegangene Gespräch mit Totengräber Josh Laurence hatte nicht viel mehr Informationen gebracht, als ihm der Sheriff bereits mit auf den Weg geben konnte und so wanderte er über den abgelegenen Friedhof am Stadtrand, auf der Suche nach ein paar entflohenen Maulwurfsratten.

<Zum Glück hat mir Laurence 'ne Funzel mitgegeben. Puh, ist das dunkel! Kaum Sterne am Himmel, vom Mond ganz zu schweigen. Marion sollen die Geckos holen! Als ob man das nicht auch bei Tag machen könnte?! Der degradiert mich zum Sündenbock, weil Ascorti... Hey, was zum?>

Eine Bewegung im Augenwinkel. Owen drehte sich hastig um, sah noch ein paar Erdklumpen davonfliegen, dann war wieder alles ruhig.

<Da buddelt ihr Drecksviecher also?! Nagt an den Leichen rum, was? Na warte, euch werd ich eins auf den Pelz brennen!>

Der Deputy zog mit der Rechten seine 44er, während er mit der Linken den Weg leuchtete. Auf leisen Sohlen schlich er näher und stand kurz darauf vor einem windschiefen, verwitterten Holzkreuz. Dem Datum nach sollte der Tote schon sehr lange hier liegen, doch zu seinen Füßen entdeckte Owen eine frisch ausgehobene Grube, viel zu groß für ein Pack Nager. Sie war leer, Sarg und Leiche spurlos verschwunden. Der junge Mann blinzelte verwundert. Ein eisiger Wind wehte durch sein rot-blondes Haar, als er sich hinkniete und die Öllampe auf einem niedrigen Erdhügel absetzte. Sie war alles, was man am nächsten Tag von ihm noch fand...
« Letzte Änderung: 24. September 2009, 23:25:22 Uhr von Cerebro »