Wer Morrowind als schlechtes Spiel beurteilt, hat wirklich sehr wenig Ahnung. Sry.
Dass mir ein Spiel nicht behagt ist ein Indiz dafür, dass ich sehr wenig Ahnung habe,
Mr. "Ich schlüpfe in eine Rolle, also ist es ein Rollenspiel"?Vorallem, wenn dieser im fast gleichen Atemzug Fallout liebt. Das ihr Oblivion nicht leiden könnt, kann ich ja irgendwo noch verstehen, aber Morrowind...
Morrowind und Fallout sind vom Design her zwei völlig unterschiedliche Spiele. Es ist daher legitim das eine zu mögen und das andere eben nicht. Was denkst du denn, warum Einige Fallout klasse finden und Fallout 3 eben nicht?
Warum ist es deiner Meinung nach ein schlechtes Spiel? Und jetzt sag ja nicht "Beth 'sche Langeweile".
1. Choices & Consequences - gibt es keine. Das Spiel ist unglaublich linear und bricht mit jedem Spielfluss falls ich auf die Idee komme einen Hauptquest-relevanten Charakter zu töten oder das nur versehentlich tue. Schon kann ich nicht mehr die Prophezeiung erfüllen. Pech gehabt, Herr Nerevar. Bitte laden Sie einen früheren Spielstand.
2. NPCs - ich muss schon lachen, wenn ich nur daran denke. Was machen die den ganzen Tag? Sie laufen wie Beta Google-Projekte in der Gegend herum und scheinen etwas zu suchen, das sie nie finden. Vergleiche das ein Jahr früher erschienene Gothic damit. Seelenlos ist hier noch untertrieben.
3. Quests - den Punkt muss ich nicht wirklich erklären, oder? Laufe dorthin, hol das, töte den, bring das. Da könnte man noch drüber hinwegschauen, aber in einer so großen und leblosen Welt wie Vvardenfell wird es schnell zum Hauptfaktor für die Frage "Womit verschwende ich hier gerade nochmal meine Zeit?" Dann begegnen mir auf den Reisen irgendwelche Fremde, die mich einen Scheiß jucken und wollen verschiedenste Dienstleitungen von mir (lauf mit mir dorthin, hol das, töte den, bring das), die mich von meinem eigentlichen Weg abbringen. Ich hatte Morrowind zweimal in den letzten 4 Jahren angefangen, beim zweiten Mal habe ich letztere NPCs und ihre Quests nicht beachtet, weil sie nicht das tun, was sie sollen: Leben in die Ödnis Vvardenfells bringen. Viel lieber geben Sie mir an den Nerven zerrende Aufgaben.
Übrigens ist es kein Zufall, dass Morrowind seinerzeit mit dem Quest "Fargoth's Schatz" gehyped wurde - es ist das einzige Quest, welches ein wenig Scripting besitzt und etwas Entscheidungsfreiheit lässt.
4. Dialoge - du sollst keine Dialoge finden in Morrowind. Die Enzyklopädie-Struktur der NPC-Popups mag anfangs noch recht interessant sein, aber man redet nicht wirklich in diesem Spiel. Aber wozu auch? Das Böse muss vernichtet werden, Reden ist keine Option. Suche und Zerstöre.
Auch die Zusatzoptionen "Bewundern, Spotten, Drohen" sind bestenfalls unausgegoren, wenn nicht einfach unbalanciert, was mich zum nächsten Punkt bringt...
5. Charaktersystem - die Idee der Fertigkeitensteigerungen durch Benutzen und/oder Training ist keine schlechte. Doch in Morrowind wird man keine gute Umsetzung dieser Idee finden. Es ist viel zu schnell möglich, Nahkampf-Fertigkeiten zu steigern, während im Gegenzug der Fernkampf zur Gedulds- und Geldfrage wird. Faustkampf ist hier der überflüssigste Skill der Spielegeschichte - es ist unmöglich das Spiel mit Gewichtung darauf zu schaffen. Andere Skills wie Alchemie oder Redegewandtheit sind ähnlich zum Fernkampf nur mit viel Durchhaltevermögen, Geld und Schmerz zu steigern. Du willst also einen wortgewandten Alchemisten mit Faustkampf-Skill spielen? Dann lege Morrowind bitte beiseite. Gerade die Nachlässigkeit in der Redegewandtheit ist unverzeihlich, aber was erwarte ich von einem Spiel, welches hauptsächlich Amokläufe als Aufgaben an mich verteilt? Deshalb ist es auch so furchtbar einfach, schnell zum Übercharakter zu werden, wenn man sich für den Weg des unausweichlichen Kampfes entscheidet.
Ein dagegen gutes Beispiel für solch ein Charaktersystem ist übrigens das Indy-CRPG "Prelude to Darkness".
6. die Gilden - vorab: die Magiergilde mit ihren Quests zum Verschwinden der Dwemer war recht interessant. Die Kriegergilde ist dagegen ein großer Haufen Mist:
"Offensichtlich steht die Kriegergilde unter dem Einfluss der Cammona Tong. Mal sehen, welche Möglichkeiten das Spiel für mich parat hat, mit dieser Situation umzugehen."
Ich weiß die ganze Zeit, was los ist. Aber diverse Gildenführer wie der Herr in Ald'ruhn bieten mir keine Option, sie darauf aufmerksam zu machen. Das Spiel lässt mir keine Möglichkeit außer wild Richtung Bildschirm zu schreien "HEEY! Cammona Tong!! Siehst du?! Einfluss auf die Kriegergilde!!! TU WAS!" - irgendwann erzählt mir der Gildenführer davon, nachdem ich wahrscheinlich dutzende unschuldige Bewohner Vvardenfells im Namen der Kriegergilde umgebracht habe.
Insgesamt ist das Hauptproblem der Gilden neben den langen Laufwegen ähnlich der Hauptquest: die Questreihen sind zu linear und sie überschneiden sich nicht.
7. die Häuser - es ist schön und erfrischend, dass ich nicht jedem Haus beitreten kann im Gegensatz zu den Gilden. Aber selbst wenn ich der Herr eines Hauses bin versagt das Spiel, es mir auch tatsächlich zu zeigen. Es gibt einfach keine Rückmeldung vom Spiel außer tausende "Es ist mir eine Ehre" und "Es tut sehr gut, Euch zu sehen." - Veränderungen in den Gesprächen mit untergebenen oder irgendwelchen anderen NPCs? Fehlanzeige.
8. Vivec - ja genau, diese Missgeburt einer Ortschaft hat ihren eigenen Platz in dieser Auflistung verdient. Ich habe noch nie in meiner ganzen Spielelaufbahn solch eine grauenhaft designte und durchdachte Stadt gesehen wie Vivec. Jedes Mal, wenn ich im Rahmen eines Quests nach Vivec musste, habe ich es erstmal gelassen. Selbst wenn ich eigentlich wissen wollte, wie meine von vornherein durch das Spiel festgelegte Geschichte weitergeht. Diese Laufwege werden mir immer im Gedächtnis bleiben gemäß dem Motto "Womit verschwende ich hier gerade nochmal meine Zeit?"
9. die Dungeons - immer nach dem gleichen Strickmuster zusammengebastelt bieten sie im Gegensatz zu Daggerfall und auch zu Oblivion nicht viel mehr als, ja, Langeweile. Gerade im direkten Vergleich zum Vorgänger Daggerfall, wo man nie sicher sein konnte, den Spielercharakter auch heil wieder ans Sonnenlicht zu bringen und das Dungeoncrawling zu einem Erlebnis machte, zieht Morrowind deutlich den Kürzeren.
Morrowind versagt auf ganzer Linie den Spielercharakter in die Welt miteinzubeziehen. Die Welt ist starr, undynamisch und leblos. Gut finde ich nur das Exterior-Design mit den interessanten Bauten und in den ersten Stunden Vvardenfell bei Nacht, untermalt mit wirklich gelungener, weil passender Musik und die in Büchern überlieferten Geschichten und Hintergründe. Morrowind ist kein Spiel, es ist ein lebloser Themenpark mit einigen begrenzten Schauwerten.